Die zeitgemäße Kaninchenfütterung, eine zeitgemäße Betrachtung zur Frage der Kaninchenfütterung unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Forderungen mit dem Ziele der Leistungssteigerung, Walter Gadsch, Berlin 1942²
Ich denke am Titelbild sieht man schon sehr gut aus welcher Zeit dieses Buch stammt. Deshalb ist es besonders interessant.
Das ganze ist nicht nur inhaltlich von der damaligen Zeit geprägt, sondern auch in Fraktur-Schrift geschrieben (was für die Zeit des Nationalsozialismuses relativ oft der Fall war).
Ich möchte einfach ein paar Zitate herausgreifen um den Hauptinhalt wieder zu geben oder interessante Aspekte vorzustellen...
Zum einen geht es sehr vielo um die damalige Ideologie. Die Zucht durfte während der Kriegsjahre natürlich nicht spaßeshalber durchgeführt werden, die Lebensmittel waren knapp.
"Liebhaberkaninchenzucht wird aber immer nur ein bescheidenes Dasein finden, wird nur einen sehr bescheidenen Liebhaberkreis finden und wird immer wieder zu einem kleinen Nichts absinken. Das gelingt in den selben Maße, wie es gelingt, die Bevölkerung wieder zur Scholle zurückzuführen.
Liebhaberzucht, wie sie vor der Machtübernahme betrieben wurde, war weiter nichts als ein Versuch des in das Steinmeer der Städte verpflanzten Menschen, die Bindung zur Natur, zur Scholle wiederzufinden."
"Die Liebhaberei tritt in den Hintergrund, sie muss einer wirtschaftlichen Haltung weichen."
Diese Teile sind eher geschichtlich interessant aber nicht für die Kaninchenfütterung ansich...
Aber das Buch enthält auch sehr interessante Denkansätze zur Kaninchenernährung, weshalb ich es hier eigentlich vorstelle...
Wenn man die Idiologie aus dem Buch entfernen würde, und man es neu drucken würde, dann wäre es wohl eines der modernsten Kaninchenbücher überhaupt. Interessant, dass die heutigen Denkansätze schon damals vorhanden waren...
Der Autor stellt ein paar Nahrungregeln auf, die bei der Verfütterung zu beachten sind:
1. Futterbeschaffenheit:
(Ausschnitte...)
"Gewiss werden verschiedene Krankheiten wohl zu Unrecht der Fütterung zugeschoben. Trotz alledem verbleibt immerhin ein Teil vor allem Darmstörungen usw., die tatsächlich auf das Futter zurückgeführt werden können. In den seltensten Fällen ist die Futterart daran schuld, sondern meist ist es die Beschaffenheit des Futters, die dem Tier Nachteile bringt. Der Züchter kann sich vor Verlusten und Nachteilen sehr wohl schützen, wenn er die nötige Sorgfalt aufwendet und die Behandlung des Futters so vornimmt, dass Schäden vermieden werden. Das Futter muss in erster Linie frisch sein. Das bezieht sich auf alle Futterarten. Das Futter soll aber auch sauber sein...."
Zum Thema nasses Frischfutter...
"Jahrelang ahben sich die Kaninchenzüchter darüber herumgestritten, ob die Verabreichung von nassen Grünfutter schädlich sei. Die angestellten Versuche, die von der Praxis vielfach bestätigt sind, haben ergeben, dass die Aufnahme von nassem Frischfutter dem Kaninchen absolut nichts schadet..."
"Gefährlich kann erhitztes Futter werden. Viele Züchter verwechseln das erhitzte Futter mit dem nassen Futter und kommen daher zum Entschluss, daß die die Verabreichung von nassem Futter gefährlich sei."
Zum Thema Futtermittel...
"Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die wiederholte Beobachtung, daß unerwünschte Fettablagerungen durch Einweiß in erster Linie bei der Verabreichung von Konzentraten erfolgen, während zum Beispiel bei Verfütterung von Grünfutter mit hohem Eiweißgehalt diese Fettstellen nicht beobacht worden sind."
"Konzentrierte Eiweißfuttermittel müssen jedoch nach wie vor abgelehnt werden. Dafür sprechen folgende Gründe:
1. Die Erfahrungen, die in der Kaninchenzucht mit diesen Futtermitteln gemacht worden sind, sind recht schlechte..."
Und zum Thema Giftstoffe...
"Gerade beim Kaninchen wurden in den letzten Jahren, besonders durch die Versuche von Dr. Fangauf, Feststellungen getroffen, die erkennen lassen, daß das Kaninchen eine gewisse Immunität gegen verschiedene Giftstoffe besitzt, das heißt diese beim Kaninchen nicht schädlich wirken. [...] Diesen Versuchen ist große Bedeutung beizumessen, weil durch sie die ansich schon große Futtergrundlage noch mehr erweitert werden kann und weil durch die insbesondere ängstlichere Züchter von ihren Vorurteilen gegen Wildpflanzen allgemein befreit werden können. Es ist nicht auszuschließen, daß viele Wildpflanzen, die heute noch ängstlich gemieden werden, ein gutes Futter darstellen, ein gutes Futter für Kaninchen darstellen. In der Praxis besteht Anlass zu Befürchtungen wohl kaum. Das Grünfutter wird wohl stehts gemischt gereicht werden, besonders dann, wenn es sich um gesammelte Wildpflanzen handelt. Jedes Tier das gesund ist, besitzt eine "Witterung" dafür, ob ihm diese oder jene Pflanze bekommt oder nicht. Es lässt Pflanzen, die ihm unbekömmlich sind liegen und wählt die ihm zusagenden aus. Es gibt in der Kaninchenzucht noch sehr viele unberechtigte Vorurteile, die soweit gehen, dass selbst Gemüseabfälle verschiedener Art als ungeeignet abgelehnt werden. Es sei hier nur an die verschiedenen Kohlblätter, Möhrenkraut, Kohlrabiblätter usw. erinnert, die auch heute noch von verschiedenen Züchtern als schädlich abgelehnt werden. Mit diesen Vorurteilen muss gebrochen werden, denn sie sind es, die die Nützlichkeit des Kaninchens schmälern. Man wird in der Praxis sowieso nicht eine Abfallart oder eine Willdpflanze ausschließlich füttern, sondern wird dem Anfall entsprechend immer mehrere dieser Futterarten zugleich verabreichen, so daß also irgendwelche Nachteile nicht auftreten werden. Wollte man den verschiedenen Ratschlägen aus den einzelnen Gegenden Deutschlands folgen, so bliebe von dem wertvollsten Futtermittel, dem Grün, bald nichts übrig. Ich füttere seit Jahren alles, was an pflanzlichen, unverdorbenen Abfällen in Küche und Garten anfällt, und habe noch nie Nachteile feststellen können. Je nach der Jahreszeit wandern also Rhabarberblätter Unkräuter, alle Gemüseabfälle, auch Salatblätter, Tomatenschnitte, Erdbeerranken, Kraut von Frühkartoffeln, Dalienlaub usw. in den Kaninchenstall und werden mit sichtbaren Behagen verzehrt."
Zum Thema Grünpflanzen...
"Ganz anders sieht es mit den Unmengen an Unkräutern aus, die auf Ödland, Bauland, Halden usw. heranwachsen und dort unbeachtet vorkommen. Der Kaninchenzüchter unterschätzt immernoch den Wert der Unkräuter. Er vergisst, dass eine ganze Anzahl Unkräuter dem besten Kraftfutter gleichzustellen sind, ja, daß sie oft in Folge ihres Vitamingehaltes den käuflichen Futtermitteln noch überlegen sind. Das Sammeln und Heranschaffen der Unkräuter ist allgemein eine Tätigkeit, die etwas Zeit erfordert."
Interessant in diesem Buch ist: Damals wurden die Kaninchen völlig getreidefrei und mischfutterfrei ernährt, weil es für die Kriegsjahre schlichtweg zu teuer war und mit anderen Futtermitteln eine genausogute oder bessere Leistung erzielt werden konnte.