Haben Kaninchen Schmerzen???

[claudsi84]

Rocky hat ja nun ne recht große Wunde am rechten Hinterlauf, welche täglich gereinigt werden muß.
Laut mehrerer TÄ benötigt er keine Schmerzmittel.
Was meint ihr dazu????

[Miss Marple]

Sicherlich hat er Schmerzen. Ich vermute aber mal, dass der TA von Schmerzmittel abrät, weil Rocky, wenn er die Schmerzen nicht spürt, sein verletztes Bein zu stark beanspruchen würde. Solange er Schmerzen spürt, wird er das Bein schonen, es heilt schneller.
Bei Knochenbrüchen ist das auch das übliche Procedere.

[claudsi84]

Ich wäre ja gern mal n Tag ein Kaninchen, damit ich mir das genau vorstellen kann.
Ich kann das garnicht sehen, wie der kleine Mann wie n wilder an der Wunde herum leckt.
Dann stell ich mir immer vor, dass das doch höllische Schmerzen sein müssen.

[Miss Marple]

In "Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier" von Temple Grandin wird jede Menge zur Schmerzwahrnehmung von Tieren beschrieben. Teilweise fand ich es unerträglich, gerade was unsere Nutztiere an Schmerzen ertragen müssen.
Wenn er leckt ist das sehr gut. Der Speichel wirkt antibakteriell und beschleunigt die Wundheilung.

[Murx Pickwick]

Das Lecken hat bei Kaninchen noch einen ganz anderen Hintergrund ... die Wunden von Kaninchen heilen derartig schnell, daß sie schon zugehen, wenn noch Dreck drin ist ... böse Abszesse sind die Folge davon.

Durch das Lecken wird die Wundheilung verlangsamt und der Dreck rausgearbeitet. Die Wunde schließt sich ordnungsgemäß von unten nach oben, so daß keine Abszesse entstehen können.

[claudsi84]

Ich danke euch beiden
Das Buch "Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier" von Temple Grandin werde ich mir mal bei Gelegenheit anschauen

[lapin]

Ich denke schon das Kaninchen eine andere Schmerzverarbeitung haben...ich denke, das hat einfach was mit Überlebenskampf zu tun.
Sie werden sicherlich Schmerz empfinden, aber es anders einordnen ... MÜSSEN.

[Miss Marple]

Sie haben eine andere Wahrnehmung der Schmerzen.
Es gibt eine Studie, Apkarian, "Prefrontal Cortical Hypeactivity in Patients with Sympathetically Mediated Chronic Paine", Neuroscience Letter 311, No. 3., darin wurde nachgewiesen, dass chronische Schmerzen "mit einer ausgedehnten Hyperaktivität der Frontallappen einhergehen."
In den 40ern und 50ern wurden bei "verhaltensauffälligen" Menschen und Schmerzpatienten der Frontallappen vom restlichen Gehirn getrennt, Leukotomie bzw. entfernt, Lobotomie.
Die Schmerzen blieben dieselben, aber diese Leute kümmerten sich nicht mehr um ihre Schmerzen, sie hatten eine andere Schmerzwahrnehmung.
In dem Buch "Descartes´ Irrtum" von Damasio ist eine Episode beschrieben, in der Dr. Damasio einen Leukotomie - Patienten, der bis dato grauenhafte Schmerzen hatte, fragt, wie es ihm geht: "Oh, die Schmerzen sind dieselben wie vorher, aber es geht mir viel besser, danke."
Tiere haben kleinere und weniger gut entwickelte Frontallappen als Menschen. Obwohl sie also die gleichen Schmerzen haben, nehmen sie sie vermutlich nicht als so dominant wahr, wie wir Menschen. Scheint, als leiden sie weniger unter Schmerzen. Aber sie haben sie und reagieren darauf.

Das mal so als Fazit aus Grandin´s Buch. Gleich danach kommt das Thema Angst bei Tieren.

[Isa]

In den 40ern und 50ern wurden bei "verhaltensauffälligen" Menschen und Schmerzpatienten der Frontallappen vom restlichen Gehirn getrennt, Leukotomie bzw. entfernt, Lobotomie.
Die Schmerzen blieben dieselben, aber diese Leute kümmerten sich nicht mehr um ihre Schmerzen, sie hatten eine andere Schmerzwahrnehmung.

Grausame "Eispickel"-Methode, mit der auch Depressionen behandelt wurden.
Die Psychochirurgie erlangt ihre Erfolge dadurch, dass sie die Phantasie zerschmettert, Gefühle abstumpft, abstraktes Denken vernichtet und ein roboterähnliches, kontrollierbares Individuum schafft
Quelle: [url]http://de.wikipedia.org/wiki/Lobotomie[/url]

[Miss Marple]

Die Psychochirurgie erlangt ihre Erfolge dadurch, dass sie die Phantasie zerschmettert, Gefühle abstumpft, abstraktes Denken vernichtet und ein roboterähnliches, kontrollierbares Individuum schafft
Quelle: [url]http://de.wikipedia.org/wiki/Lobotomie[/url]

Genau, "Einer flog übers Kuckucksnest", "Frances Farmer" . Nur sind unsere Tiere eben keine roboterähnlichen, kontrollierbaren Individuen. Sie nehmen also deutlich mehr Schmerzen als reellen Schmerz wahr als lobotomierte Menschen. Ihre Frontallappen funktionieren, sind aber nicht so groß und komplex wie beim Menschen.

[Murx Pickwick]

Allerdings kann der Mensch diese normale Schmerzwahrnehmung trotz des hypertrophierten Frontallappens ... macht eigentlich jeder Mensch, welcher noch halbwegs natürlich lebt und ich habs die letzten Jahre lernen müssen.

Schmerzen sind noch da, aber ich kann mir selbst sagen, kann ich nicht bearbeiten, weg damit ... und damit muß ich mich nicht mehr mit meinen Schmerzen rumplagen. Klappt eingeschränkt sogar mit Kopfschmerzen.
Leider hat genau das dazu geführt, daß ich über Weihnachten meinen armen, vestauchten Daumen überstrapaziert hab ... der tut nun mehr weh, wie den Tag, als ich ihn verstaucht hab und will nun gar nicht mehr Ruh geben!