Leben mit behinderten Tieren

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Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Doro » So 14. Nov 2010, 11:02

Emma kam im September 2007 zu uns, sie war damals ca. 5-6 Jahre, und lebte mit einem Kaninchen zusammen. Die ehemalige Besitzerin hatte keine Lust mehr auf die Tiere, deshalb wurden sie nicht mehr gefüttert und auch nicht mehr gesäubert. Sowohl Emma als auch dem Kaninchen mussten, nach monatelanger Behandlung, ein Beinchen amputiert werden, bei Emma war es das Vorderbeinchen, bei dem Kaninchen eines der Hinterläufe.
Emma hatte von Anfang an soziale Schwierigkeiten, sie konnte die Sprache der Anderen nicht deuten, war durch die Milben, das ganze Antibiotikum, die Angst nicht genug Futter zu bekommen und durch ihre kranke Vorderpfote mehr wie geschwächt und vor allem aggressiv, noch nicht mal so der Gruppe gegenüber sondern eher uns Menschen. Ein Mensch hatte ihr das angetan, alle Menschen sollten dafür büßen. Nachdem Emma zuerst durch ihren Verband, dann durch die Pfötchenamputation, nicht in oder auf Einstreu laufen konnte, haben wir uns entschlossen diese nicht mehr zu verwenden. Emma fand es toll, konnte sie doch über die Decken humpeln und Chefin spielen. Keines meiner anderen Schweinchen hat sie ausgegrenzt, im Gegenteil, es wurde immer Rücksicht auf sie genommen. Kam Emma angehumpelt wurde Platz gemacht, wollte Emma an einem bestimmten Platz liegen lag sie auch dort. Ich persönlich hatte am Anfang starke Gewissensbisse weil ich es war die sie nicht aufgeben, sprich einschläfern wollte, sondern weil ich die Amputation vorzog. Emma ist mittlerweile leider verstorben, jedoch nicht an den Folgen der Amputation sondern an Alterschwäche.

Lookie kam Anfang 2008 zu uns. Ich bekam einen Anruf aus meiner alten Praxis dass sie meine Hilfe benötigen würden. Als ich ankam wurde mir ein Bündel Schwein in den Arm gelegt mit einem Augengestell aus Draht. Lookie lebte wohl in dieser Familie draußen, als Einzige, in einem Käfig ohne Abdeckung oder Windschutz. Lookie bekam eine starke Mittelohrentzündung wodurch sie taub war. Hinzu kamen Bakterien die ihr Auge zum Auslaufen brachten. Irgendwann hatte die Familie wohl doch Mitleid mir ihr und wollte sie erlösen lassen. Ist sie auch offiziell. Ich weiß nicht wie Lookie vorher hieß, ich weiß nicht wo sie herkam, ich weiß nur dass ich sie mir anvertraut wurde, mit einem Auge, auf dem anderen fast blind, mit Schiefkopf und taub, in einem Alter wo Schweinchen nicht mehr operiert werden sollten oder gar ein neues Zuhause suchen sollten. Das Einzige was Lookie kannte war angst, mehr nicht. Angst vor der Hand, angst vor den Schweinen, angst vor allem. Das, was meine Gruppe ihr gelernt hat war Mut zu haben, Mut sich auf ein neues Leben einzulassen, Mut sich neuem zu stellen, Mut zu haben weiterzuleben.
Lookie wurde Emmas beste und treuste Freundin.

Bob bekam letztes Jahr eine starke Augenentzündung. Über Wochen haben wir gesalbt, mit AB behandelt und getropft. Bis von Bob ein Röntgenbild erstellt wurde. Es stellte sich raus dass Bob einen Gehirntumor hat, inoperabel. Ich sollte ihn noch so lange in der Gruppe lassen bis es nicht mehr geht, bis er aufhört zu fressen, bis er keinen Lebenswillen mehr hat. Ich hab über Wochen jeden Tag rausgezögert mit ihm zur Klinik zu fahren, ihn erlösen zu lassen, ihn gehen zu lassen. Ich habe auch keine Bilder von seinem Auge gemacht, ich werde dieses Bild eh nie vergessen können so schlimm sah es aus. Eine Augen OP kam nicht in Frage aufgrund seines Gehirntumors. Mittlerweile sieht es so aus, Bobs Tumor hat sich verkapselt, auf dem Auge ist er blind, er hat leicht motorische Störungen die einem Fremden gar nicht so auffallen würden. Aber, er lebt, er wird weiterhin von der Gruppe akzeptiert, egal ob er jemanden unbeabsichtigt umrennt oder nicht. Und trotz seiner Behinderung, blind und auf einem Ohr taub mit Koordinationsproblemen und motorischen Störungen, traut er sich alleine raus aus dem Schweinchenzimmer rein ins Wohnzimmer. Ich bin stolz auf meine kleine Kampfsau, und ich bin froh dass ich damals auf mein Herz gehört habe ihn nicht zu erlösen.

Habt ihr auch Erfahrungen mit behinderten Tieren?

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von lapin » So 14. Nov 2010, 11:28

Vielen, vielen Dank Doro für diesen Bericht...
das sind 3 sehr herzerweichende Geschichten und zeigt mir ja wieder, das Meerschweinchen einfach die sozialeren Tiere sind... wirklich schön. Da macht eine Haltung von behinderten Tieren ja schon fast wieder "Freude", wenn so eine Gemeinschaft vorhanden ist!

Ich hab bisher nur eine Erfahrung mit einem behinderten Tier machen müssen...und das ist mein Kaninchenmann Karlchen.
Traurig an der Geschichte ist eigentlich AUCH, dass ich Karlchen mit 14 Wochen von einer Züchterin bekam :(!

Seine Behinderung liegt darin das er eine Art X-Beine(Hinter Beine) hat...seine gehüpfe wirkt aber mehr trottelig, als das es ihn einschränkt...eben so hat er eine Fehlstellung seiner Krallen.

Vor einem Jahr verletzte er sich am Auge, welches dann auch erblindete und seitdem folgt ein Problemchen nach dem anderen.

Bisher war das alles kein Problem und die Gruppe akzeptierte ihn auch!

Vor 3 Monaten erkrankte er an Schnupfen und seitdem gehts rapide bergab...er ist taub, auf einem Auge blind und scheint sich und die Welt nicht mehr zu verstehen...er hat sich von der Gruppe abgegrenzt..war stets gestresst...erkrankte an Milben...er kratzte sich Wund...Fliegen legten Eier auf seinen Körper ab...und er musste jetzt wegen der Entfernung des Eierbefallenen Fells in Einzel- und Innenhaltung.

Er macht mittlerweile einen enspannteren Eindruck...aber er kommt definitiv noch nicht klar.
Keine Ahnung ob er je wieder in die Gruppe rein kommt...ob er es überhaupt will?!

Ich weiß mittlerweile nur das Kaninchen nicht so sozial sind, wie Meerschweinchen....
Lg lapin"Das Leben ist 10% was dir passiert und 90%, wie du darauf reagierst."

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Doro » So 14. Nov 2010, 11:35

Ich mach ja derzeit selber die Erfahrung mit Kaninchen und wenn ich ganz ehrlich bin würde ich, zum jetzigen Zeitpunkt, es mich nicht wagen ein behindertes Kaninchen zu meiner Gruppe zu setzen. So sozial wie sich Kaninchen mit kuscheln und putzen gegenüber Artgenossen verhalten so unsozial können sie werden wenn ihnen etwas nicht passt. Kaninchen geben auch keine Ruhe, zumindest Donald nicht, der stänkert derzeit wo er nur kann und zwar gegen alle und jeden. Ich möchte mir gar nicht ausmalen wie es wäre wenn ich ihm ein "Opfer" vor die Nase setzten würde, sprich jemanden der behindert oder beeinträchtigt ist.

Schweinchen und auch Degus sind da ganz anders. Ich habe so viel gelesen dass alte oder gar kranke Tiere ausgestoßen, verstoßen oder gemobbt werden. Ich selber kann das nicht bestätigen. Ist einer krank ist er eben krank, da wird nicht gemobbt und auch nicht verstoßen. Eigenartiger Weise sehen dass die Kaninchen bei den Schweinchen auch so. Wo es Benny so schlecht ging mit seiner Erkältung hatte Miss Floppy das wahnsinnige Bedürfnis Benny zu bekuscheln, zu wärmen und zu putzen. Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es hier abgegangen wäre wenn eines der Kaninchen krank geworden wäre. Mobbing ohne Ende :autsch:

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Isa » So 14. Nov 2010, 11:44

Julchen

Julchen wurde bei mir zuhause geboren; sie kam im Bauch ihrer schwangeren Mama Elli zu mir.
Eines Morgens saß einfach ein kleines, braun-schwarzes Würmchen bei meinen drei anderen Meerschweinchen.
Julchen ist wohl das Ergebnis einer Inzucht. Sie war ein riesengroßes Baby (wuchs aber in den nächsten Monaten keinen Millimeter und legte auch kaum an Gramm zu), hatte von Anfang an eine Kopfschiefhaltung, fiel immer wieder um und hatte Probleme, die anderen Meerschweinchen zu verstehen, weil sie Körper- und Lautsprache nicht deuten konnte.
Blind oder taub war sie jedoch nicht, sie war einfach geistig stark behindert und motorisch sehr eingeschränkt.
Elli war ihr eine gute Mutter. Jedoch wollte Julchen bei dem anderen Weibchen Nira und dem Kastraten Würfel auch immer trinken. Vor allem Nira brachte das sehr zur Raserei. Nira entwickelte irgendwie eine starke Abneigung gegen Julchen und jagte und biss sie, wo es nur ging.
Julchen konnte nur wenige Schritte geradeaus laufen, dann fiel sie um.
Hindernisse wie Rampen, Näpfe, Brücken, etc. waren ihr unmöglich zu überwinden.
Sie lief auch öfter gegen ein anderes Schwein und verstand die Welt nicht mehr, wenn diese dann ihren Unmut kund taten.

Ich hab mir Julchen geschnappt und wie haben Tag für Tag "Sportübungen" gemacht.
Ich lernte ihr das "Klettern" und das Hindernisse überwinden.
Dazu setzte ich sie auf Korkrinden oder Rampen. Seitlich stützte ich sie mit den HÄnden, damit sie nicht herunterfiel.
Diese Übungen halfen ihr, die Beinmuskeln etwas zu stärken und die Motorik zu verbessern.
Bald schon konnte sie recht gut Hindernisse überwinden und ich sah sie öfter mal eine Rampe erklimmen oder einen Napf umrunden.
Julchen wurde mir gegenüber sehr zahm. Haben uns doch die Übungsstunden sehr zusammen geschweißt.
Kam ich auf sie zu, quiekte sie schon von weitem und hob wild schnüffelnd den Kopf wild kreisend in die Luft.
Auch den anderen Schweinen gegenüber wurde sie mutiger, durch ihre neu gewonnene, bzw. verbesserte Feinmotorik.
Sie ließ sich lange nicht mehr alles gefallen und klapperte sofort wild mit den Zähnen oder schnappte auch mal zurück.
So war sie zwar kein 100%ig vollwertiges Gruppenmitglied, doch die anderen akzeptierten sie so wie sie war und mobbten sie nicht mehr so häufig.

Dann stellte Julchen das Fressen ein. Ergebnis: Zahnfehlstellung aufgrund ihrer Behinderung (wahrscheinlich weil sie ein Inzuchtopfer war).
Die Schneidezähnchen konnten super korrigiert werden, Julchen fraß wieder.
Wenige WOchen später das gleiche Spiel.
Es stellte sich heraus -was ja abzusehen war!- dass auch ihre Backenzähnchen total schief waren, eine beginnene Brücke vorhanden war und sich Zahnspitzen ins Fleisch bohrten.

Eine Korrektur mit Narkose war aufgrund ihrer Behinderung, ihrer nur knapp 300g viel zu riskant.
Außerdem hätte man das ja immer und immer wiederholen müssen.

Ich entschied mich dann dazu, Julchen im Alter von 6 Monaten erlösen zu lassen.
Noch heute, über 12 Jahre später, denke ich oft an sie.
Einerseits wird mir warm ums Herz, wie sehr sie mir vertraut hatte und wie toll sie dazu lernte, andererseits versetzt mir das alles einen Stich ins Herz.
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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Doro » So 14. Nov 2010, 12:06

Julchen hatte zwar nur 6 Monate bei dir, aber dafür 6 Monate voller Intensität, Liebe und Zuneigung.
Ist es nicht das was zählt? Die Zeit, die einem bleibt, auch wenn sie nur kurz ist, zu genießen und ein behindertes Tier so zu behandeln dass es denkt es wäre "normal"?

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von daniii » So 14. Nov 2010, 14:23

Wir hatten, als ich etwa 14 Jahre alt war, unsere kleine Ruckel. Sie ist bei uns geboren worden - Inzucht, leider :schäm: Wir hatten vorher ein bereits schwangeres Schweinchen bekommen und dann die Babys nicht rechtzeitig nach Geschlechtern getrennt. Ruckel war eines von drei Babys und aus irgendeinem Grund sah sie ein bisschen aus wie hinten abgehackt, ihr Hinterteil war nicht rundlich, sondern ging ganz gerade runter. Gewachsen sind bei ihr nur die Füße, deshalb ist sie irgendwann immer über ihre eigenen Füße gestolpert und hingefallen :heul:

Ruckel hat von uns immer extra Leckerchen bekommen, weil sie immer ein bisschen zu kurz gekommen ist. Sie war eine ganz schrecklich liebe Wutz. Rosette, brauner Kopf, der Rest schneeweiß. Leider hatte keiner von uns (inklusive TA) genug Ahnung, um mehr für sie zu tun. Sie ist ein knappes Jahr alt geworden. Ich weiß nicht, ob vielleicht außer ihren Füßen auch ihre Organe gewachsen sind. Eines Tages lag sie tot im Käfig, sie war einfach eingeschlafen, so wie es aussah.
Gurkenschnippler von Lisa (21.08.2015) und Jabberwocky (17.08.2012)

Unvergessen - Wuckel (1985 bis 31.12.1993) und die Uckel-Sippe (zwischen 1985 und 1994), Puschel (1993-1998) und Miranda (1993-1995), Paul (1992-1997), Frodo (1999-2004) und Sam (1999-2005), Merle (2003 bis 29.06.2010), mein Kämpfer Bela (2003 bis 11.09.2010) und viel zu früh Guybrush (20.09.2010 bis 05.07.2013), mein Herzschwein Buffy (26.05.2010 bis 05.02.2014), unsere Mamawutz Gwendoline (19.07.2009 bis 26.02.2014), mein Hoffnungssternchen Willow (29.06.2010 bis 31.05.2015) und mein Seelchen Vienna (01.05.2011 bis 10.10.2016)

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Murx Pickwick » So 14. Nov 2010, 14:28

Zu Julchen ... es gibt keine Inzuchtopfer ...

Geistige Behinderung entsteht meist, wenn während der Embryonalentwicklung während das Gehirn angelegt wird die Mutter Stöße in den Bauch bekommt oder durch das Fressen oder Einatmen von mutagen wirkenden Giften.
Selten hat man auch eine spontan auftretende Mutation, bei der Geistesbehinderte auftreten. Manchmal ist ein Tumor oder Abszeß im Schädelknochen für verantwortlich.
Du kannst also ziemlich sicher sein, die geistige Behinderung war kein Inzuchtproblem ...

Bei Ruckel wiederum haben wir es mit einer sehr seltenen Mutation zu tun, Riesenwuchs der Hände und Füße - gibts auch beim Menschen. Da das eine lethale Mutation ist, wo die Tiere nicht geschlechtsreif werden, und diese Mutation dominant ist, handelt es sich dabei immer um eine Spontanmutation. Sie kann auch auftreten, wenn niemals Inzucht stattgefunden hat! Mit einem Jahr ist Ruckel erstaunlich alt geworden, normalerweise überleben Tiere mit dieser Mutation nicht mal ihre Pubertät. Oft sterben sie sogar schon viel früher.

Über meine Fälle schreib ich später.

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Isa » So 14. Nov 2010, 15:45

Murx Pickwick hat geschrieben:Zu Julchen ... es gibt keine Inzuchtopfer ...

Geistige Behinderung entsteht meist, wenn während der Embryonalentwicklung während das Gehirn angelegt wird die Mutter Stöße in den Bauch bekommt oder durch das Fressen oder Einatmen von mutagen wirkenden Giften.
Selten hat man auch eine spontan auftretende Mutation, bei der Geistesbehinderte auftreten. Manchmal ist ein Tumor oder Abszeß im Schädelknochen für verantwortlich.
Du kannst also ziemlich sicher sein, die geistige Behinderung war kein Inzuchtproblem ...
Oh das wusste ich gar nicht!!
Das hieße ja, dass die Mutter Elli entweder Stöße in den Bauch bekommen hätte, was ich bei mir aber nie mitbekam... könnte das noch in der frühen Schwangerschaft, als ich Elli noch nicht hatte, passiert sein?
Oder das Elli irgendwelche Gifte zu sich nahm. Es gab Kuntibuntifutter damals, ich wusste es nicht besser.
Aber was sind mutagen wirkende Gifte?
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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von eigentlich max » So 14. Nov 2010, 15:56

Wie sieht es aber dann mit menschlichen Inzucht-Fällen aus? da gab es ja unlängst ein Geschwisterpaar, dasss mehrere geistig behinderte Kinder hatte....bei Josef Fritzl bin ich mir jetzt nicht sicher, inwieweit diese geistig gesund sind.

aber über die Geschwister habe ich eine Doku gesehen und die geistige Behinderung wurde definitiv auf Inzucht geschoben.

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Doro » So 14. Nov 2010, 16:25

Ich gehe eher davon aus dass es Gene sind die nicht zueinander passen.

Inzucht gibt es doch eigentlich gar nicht, die heißt doch bei den Tieren Linienzucht. Diese wird, soweit ich weiß, heute noch vermehrt angewendet um neue Rassen zu kreieren. Ob dabei behinderte Tiere geboren werden? Ich hab keine Ahnung.

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Murx Pickwick » So 14. Nov 2010, 16:38

Schau dir hierzu die Königshäuser an ...

Du hast einmal beispielsweise das englische Königshaus - an dem konnte der Erbgang der Bluter aufgeschlüsselt werden. Warum?
Weil hier Merkmalsträger munter mit Nichtmerkmalsträgern oder auch mit Merkmalsträgern verpaart wurden (übrigens im wahrsten Sinne des Wortes, die Betroffenen hatten herzlich wenig Mitspracherecht ... )
Durch Inzucht ist also im englischen Königshaus aufgedeckt worden, wer das Merkmal Bluter genetisch trägt und wer nicht ... geistige Behinderung kam übrigens selbst bei den Inzestkindern nicht vor ...

Im polnischen Königshause wurde zwar auch munter Inzucht und Inzest betrieben, aber bei der Partnerwahl wurde sehr stark auf Vitalität, gesunde Zähne und Fruchtbarkeit geachtet - besondere Erbkrankheiten (oder geistige Behinderung bei Inzuchtkindern oder Inzestkindern) traten nicht auf. Dazu kommt, daß im polnischen Königshause regelmäßig extremes Outcrossing betrieben wurde ... es wurde sehr bewußt darauf geachtet, Linien miteinander zu verbinden, die schon seit Jahrhunderten genetisch nix mehr miteinander zu tun hatten und man war sich nicht zu schade, bisweilen sogar ins Volk einzuheiraten. Etwas, was im englischen Königshause undenkbar war, da war die Heirat rein politisch motiviert zur Sicherung der Vorherrschaft Englands gegenüber der übrigen Welt.

Gibt aber auch andere Beispiele ... beispielsweise kleine Dörfer mit weniger wie 300 Einwohnern, wie es sie bis ins letzte Jahrhundert noch gab. Da kam es zwangsläufig zur Inzucht, weil einfach nicht genügend Partner verfügbar waren. In den Dörfern glichen sich deshalb die Menschen wie ein Ei dem anderen und unterschieden sich oft erheblich vom Aussehen her vom Nachbardorf.
Dennoch auch hier wieder, die Einwohner waren gesund und munter, keine geistige Behinderung ... allerdings wird bei Bauern auf Vitalität, gesunde, ebenmäßige Zähne und Fruchtbarkeit geschaut ... wie im polnischen Königshause.
Außerdem hatten die alle ihre dorfeigenen Tics und Macken ... halt alles, was am Verhalten so über die Zeit reinerbig wurde und bei Menschen normalerweise außergewöhnlich ist.

Eine ungerichtete Inzuchtvermehrung über mehrere Generationen ohne Selektion würde beim Menschen zu kleinen Menschen mit wenig anpassungsfähigem Immunsystem führen. Hermaphroditismus, Zwitter und Geschlechtslose würden zunehmen ... der Mensch ist eine nicht inzuchtresistente Art, er hat natürlicherweise Inzuchtschranken ausgebildet, um eine zu enge Linienführung zu verhindern. Beispielsweise kommt es doch sehr selten vor, daß Geschwister, die miteinander aufwachsen, ein sexuelles Interesse aneinander entwickeln. Der Mensch besitzt also vergleichsweise viele Gene, die mischerbig zwar ok sind, aber niemals reinerbig werden sollten.
Wenn Gene in der Familie vorhanden sind, welche nur dann wirksam werden, wenn viele dieser Gene reinerbig werden und die dann zu Geistesbehinderung führen, fällt das normalerweise beim Menschen nicht auf - aber in Inzuchtlinien dagegen werden diese Gene reinerbig - und so können tatsächlich vermehrt Geistesbehinderte geboren werden.
Wenn ein rezessives Gen, was Geistesbehinderung verursachen würde, vorliegt und es wird auf einen Merkmalsträger die Kinder rückgekreuzt oder aber die Kinder von demjenigen werden miteinander gekreuzt, dann wird dieses Gen reinerbig - und die Geistesbehinderung kommt zum Vorschein.
Sie kommt aber auch zum Vorschein, wenn ein reinblütig deutscher Merkmalsträger mit einem reinblütigen Aborigine, der ein Merkmalsträger ist, Kinder bekommen ... hat also nur indirekt was mit Inzucht zu tun.

Meerschweinchen und Kaninchen (eigentlich fast alle Nager) sind inzuchtresistente Arten. Man kann ihre genetische Ausstattung förmlich über Inzucht konservieren. Allerdings wird dann auch das Immunsystem reinerbig, Transporte oder Umzüge werden dann einfach schwierig, weil die Tiere irgendwann nur noch an den Krankheitsdruck ihrer Heimat angepaßt sind, für ein anpassungsfähiges, flexibles Immunsystem braucht es Mischerbigkeit - bei allen Säugetieren. Und das bekommt man nur durch Outcrossing, also mit der Verpaarung möglichst wenig verwandter Individuen.

Linienzucht ist eine Zucht, bei der zwar schon näher verwandte Tiere immer wieder miteinander gepaart werden, die Inzucht selbst dagegen weitestgehend vermieden wird - man bekommt auch über Linienzucht irgendwann reinerbige Tiere mit allen Nachteilen, wie bei der Inzucht, dauert nur länger. In der Nutztierzucht werden meist zwei passende Linien reinerbig weitergezüchtet, um daraus Hybriden herzustellen - passen die Linien zueinander, kann man hier den sog. Heterosiseffekt ausnutzen, die Tochtergeneration ist in allen Merkmalen mischerbig und hat damit oft bessere Nutzeigenschaften. Am Leichtesten läßt sich über diese Hybriden das Immunsystem flexibel bekommen (wichtig bei Labormäusen und Laborratten) und die Größe beeinflussen (in der Fleischrinderzucht wichtig).

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Re: Leben mit behinderten Tieren

Beitrag von Entensusi » So 14. Nov 2010, 18:51

Behinderte Tiere..

wir hatten behinderte Kaninchen, zweimal.

Zuerst Schneeflocke, es fing an mit schiefen Hinterbeinen und endete dann in Lähmungen. Ebenso bei Chica.

Wir haben beide gepflegt, bis sie von selbst gestorben sind. Wobei ich sowohl bei Schneewi als auch Chica am Abend vor ihrem Tod "Bescheid wusste" und das Ganze mit einem Tierarzt hätte abkürzen können. Aber ich denke, so sind sie friedlicher gestorben.

Meine Tochter war ein Wunder an liebevoller Pflege, sie hat Schneewi täglich den Popo gewaschen.

Für mich war das Problem, dass die Krankheit schleichend ging.. und wo ist dann der Punkt, dass man sagen kann "ab Heute nicht mehr!" - wir haben ihn nicht gefunden. Vor allem, weil beide ja noch so aufmerksam und neugierig waren, an allem Anteil nahmen, was um sie herum vor hing. Interessanterweise haben sich unsere jungen Katzen immer sehr eng an die kranken Kaninchen angeschlossen.

Die gesunden Kaninchen statteten Besuche ab, kuschelten mit den Kranken, betrieben Körperpflege.
Liebe Grüße, Entensusi und ihre Tiere

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