Töten von Wirbeltieren und das TSchG

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Curly
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Töten von Wirbeltieren und das TSchG

Beitrag von Curly » Di 22. Mär 2011, 00:31

Ich eröffne mal einen seperaten Thread dazu.
Ausgangsthema war das hier: https://www.tierpla.net/post138844.html#p138844" onclick="window.open(this.href);return false;
Lutreola hat geschrieben:
Venga hat geschrieben:
lt. Tierschutzgesetzt darf man kein Wirbeltier ohne triftigen Grund töten.
Selbst mit triftigem Grund darf nur jemand mit entsprecheder Ausbildung (Tierarzt, Schlachter, Jäger...) ein Tier töten. Genaugenommen dürfte der Privatverbraucher nicht mal seine Schlachtkaninchen und Hühner schlachten.
Sogar Angler dürfen Fische nur angeln und töten, wenn sie einen Sportfischreischein haben, ua. weil dort beigebracht wird, wie ein Fisch waidgerecht getötet wird.
Da ich mich lange mit dem Thema auseinandergesetzt habe u.a. auch mit verschiedenen Ämtern und das TSchG vorwärts und rückwärts gelesen habe, weiß ich, dass das so nicht ganz richtig ist. Das TSchG spricht im privaten Gebrauch von "gewissen Fähigkeiten und Kenntnissen", die man beim triftigen Tötungsgrund braucht. Der triftige Tötungsgrund ist dabei auch wieder Auslegungssache genauso wie die Fähigkeiten und Kenntnisse. Das TSchG greift eher im beruflichen/gewerblichen Gebiet voll durch mit Ausbildung/Sachkunde.
Nun würde mich ja interessieren, wieso du dich damit so intensiv beschäftigen musstest, Luterola.
Ich nehme an, wegen den Futtertieren für deine Frettchen.
Was heißt denn "Auslegungssache"?
Darf man Futtertiere also im privaten Bereich töten, wenn man weiß wie es schnell und schmerzlos geht?

Curly

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Re: Töten von Wirbeltieren und das TSchG

Beitrag von Ziesel » Di 22. Mär 2011, 00:33

Auslegungssache ist der "trifftige Grund" für das Töten des Tieres . .

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Lutreola
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Re: Töten von Wirbeltieren und das TSchG

Beitrag von Lutreola » Di 22. Mär 2011, 01:35

Curly hat geschrieben: Was heißt denn "Auslegungssache"?
D.h. dass sich dabei noch nicht einmal Ämter, geschweige denn Richter darüber einig sind, welche Gründe als "triftig" gelten und welche Fähigkeiten genau von Nöten sein müssen. Im besten Falle lässt man es sich von erfahrenen Leuten zeigen und probiert nicht selbst aus. Letzteres führt im schlimmsten Falle zu überflüssigen Schmerzen und Angstzuständen des Tieres.
Darf man Futtertiere also im privaten Bereich töten, wenn man weiß wie es schnell und schmerzlos geht?
Nein. Jede Tierart und vor allem jedes Altersstadium von Tierart hat gewisse gesetzlich erlaubten Tötungsarten, die eingehalten werden müssen, zusätzlich zum erwähnten triftigen Grund. Außerdem sollte das Tier wenig bis keinerlei Angst erfahren dabei.
Genickbruch bei einer adulten Ratte ist z.B. nicht erlaubt, da das Skelett zu hart ist um einen schnellen Tod zu gewährleisten.
Liebe Grüße,
Lutreola

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Re: Töten von Wirbeltieren und das TSchG

Beitrag von RuJo » Di 22. Mär 2011, 01:46

huhu!

Im Tierschutzgesetz steht:
§ 4 Tötung von Wirbeltieren
(1) Ein Wirbeltier darf nur unter Betäubung oder sonst,
soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter
Vermeidung von Schmerzen getötet werden
. Ist die Tötung
eines Wirbeltieres ohne Betäubung im Rahmen weidgerechter
Ausübung der Jagd oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften
zulässig oder erfolgt sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, so darf die Tötung nur
vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare
Schmerzen entstehen. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die
dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.


(1a) Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig regelmäßig Wirbeltiere betäuben oder töten, haben gegenüber der zuständigen Behörde einen Sachkundenachweis zu erbringen. Wird im Rahmen einer Tätigkeit nach Satz 1 Geflügel in Anwesenheit einer Aufsichtsperson betäubt oder getötet, so hat außer der Person, die die Tiere betäubt oder tötet, auch die Aufsichtsperson den Sachkundenachweis zu erbringen. Werden im Rahmen einer Tätigkeit nach Satz 1 Fische in Anwesenheit einer Aufsichtsperson betäubt oder getötet, so genügt es, wenn diese den Sachkundenachweis erbringt.

(2) Für das Schlachten eines warmblütigen Tieres gilt § 4a.

(3) Für das Töten von Wirbeltieren zu wissenschaftlichen Zwecken gelten die §§ 8b, 9 Abs. 2 Satz 2, im Falle von Hunden, Katzen, Affen und Halbaffen außerdem § 9 Abs. 2 Nr. 7 entsprechend.

TierSchG § 4a

(1) Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 bedarf es keiner Betäubung, wenn

1. sie bei Notschlachtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist,

2. die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt hat; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen oder

3. dies als Ausnahme durch Rechtsverordnung nach § 4b Nr. 3 bestimmt ist.

TierSchG § 4b

Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1. a) das Schlachten von Fischen und anderen kaltblütigen Tieren zu regeln,

b) bestimmte Tötungsarten und Betäubungsverfahren näher zu regeln, vorzuschreiben, zuzulassen oder zu verbieten,

c) die Voraussetzungen näher zu regeln, unter denen Schlachtungen im Sinne des § 4a Abs. 2 Nr. 2 vorgenommen werden dürfen,

d) nähere Vorschriften über Art und Umfang der zum Betäuben oder Töten von Wirbeltieren erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie über das Verfahren zu deren Nachweis zu erlassen,

e) nicht gewerbliche Tätigkeiten zu bestimmen, die den Erwerb des Sachkundenachweises zum Töten von Wirbeltieren erfordern, um sicherzustellen, dass den Tieren nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen zugefügt werden,

2. das Schlachten von Tieren im Rahmen der Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens vom 10. Mai 1979 über den Schutz von Schlachttieren (BGBl.
1983 II S. 770) näher zu regeln,

3. für das Schlachten von Geflügel Ausnahmen von der Betäubungspflicht zu bestimmen.

Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b und d bedürfen, soweit sie das
Betäuben oder Töten mittels gefährlicher Stoffe oder Zubereitungen im Sinne des Chemikaliengesetzes oder darauf bezogene Voraussetzungen für den Erwerb eines Sachkundenachweises betreffen, des Einvernehmens der Bundesministerien für Wirtschaft und Arbeit sowie für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.
(https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html" onclick="window.open(this.href);return false;)


Sehr undeutlich ist zum Beispiel die Aussage, der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten. Das sagt nicht aus, dass man irgendwelche Prüfungen zuvor abgelegt haben muss oder ähnliches... das kann frei ausgelegt werden von Gericht zu Gericht.

-- Dienstag 22. März 2011, 02:47 --
Lutreola hat geschrieben: Genickbruch bei einer adulten Ratte ist z.B. nicht erlaubt, da das Skelett zu hart ist um einen schnellen Tod zu gewährleisten.

Wo steht das? Wer sagt das? Diese EInschränkung wäre mir völlig neu, und irgendwelche urteile oder Vorschriften dazu nicht bekannt...
"Ein gutes Buch, das von majestätischer Unerschlossenheit an seiner Stelle im Regal steht, stellt die aufmunternste Form intellektueller Wandverkleidung dar!" (David Quammen "Die Hörner des Rhinozeros")

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Re: Töten von Wirbeltieren und das TSchG

Beitrag von Lutreola » Di 22. Mär 2011, 02:25

RuJo hat geschrieben:
Lutreola hat geschrieben: Genickbruch bei einer adulten Ratte ist z.B. nicht erlaubt, da das Skelett zu hart ist um einen schnellen Tod zu gewährleisten.
Wo steht das? Wer sagt das? Diese EInschränkung wäre mir völlig neu, und irgendwelche urteile oder Vorschriften dazu nicht bekannt...
Ich hatte hier einmal eine Liste, die gerade nicht auffindbar ist. :hm: Auf die Schnelle habe ich nur die Empfehlung des TVT des Genickbruchs für Ratten und Mäuse bis 100g gefunden, alles darüber hinaus sollte besser vergast werden, Pinkies/Neugeborene aber auf keinen Fall vergasen, da dieses bei ihnen zu lange dauert und das daher unter Tierquälerei fällt. Ich empfinde es persönlich auch als gute Einschränkung und für das Tier durchaus eine gute Sache, sich dringend daran zu halten! Wenn ich mir vorstelle, einen 300-600g Klopper.... nee, das arme Tier. :o
Liebe Grüße,
Lutreola

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Re: Töten von Wirbeltieren und das TSchG

Beitrag von RuJo » Di 22. Mär 2011, 03:44

Hmmm, also wenn man diese im Gesetzestext schwammig erwähnten Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt ist das auch bei einer ausgewachsenen Ratte (erfahrungsgemäß) eine Sache von wenigen Sekunden... besitzt man diese Fähigkeiten nicht, kann man auch eine Farbmaus unnötig quälen. Wie gesagt, ist halt leider alles ziemlich schwammig.

Ich bin ein bisschen zwispältig. Ich bin ja generell kein Fan davon, dass zunehmend mehr Exoten (im umgangssprachliche Sinn) gehalten werden. Unter anderem, weil eben solche Sachen ein Thema werden, welches eh immer unüberprüfbar bleibt. Und weil unqualifizierte Leute (diesmal im intuitiven Sinne gemeint) gezwungen werden sich an der Tiertötung auszuprobieren und dabei in vielen Fällen zumindest anfänglich unnötige Fehler zu machen.
Aber wenn man schon zB Schlangen hält, halte ich es für sinnvoll eine eigene Futtertierzucht zu betreiben, da man die Zustände und die Qualität der Futtertier dann selbst kontrollieren kann.
Zudem bin ich gegen unnötige, vermeidbare Lebendfütterungen. Folglich muss ich wohl eher dafür sein, dass Wirbeltiere getötet werden, wenn meine Abgneigung gegen Exotenhaltung ungehört verhallt.

Richtig angegangen ist der Genickbruch in meinen Augen die qualfreiste Methode, weil sie extrem schnell geht. Aber in den ersten beiden Worten des letzten Satzes liegt auch der Hund begraben...
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