Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

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Giftige Pflanzen die hier aufgeführt oder vorgestellt werden, stellen für Tiere die Ad Libitum ernährt werden selten eine Gefahr dar, da sie in der Lage sind zu selektieren und daher immer wissen, was fressbar und genießbar ist und was nicht.

Wie in allen Fällen auch, ist jedes Tier individuell zu betrachten und man sollte neue Pflanzen IMMER langsam anfüttern.
Jedes Tier kann unterschiedliche Dinge auch unterschiedlich vertragen.

Die User sprechen von eigenen Erfahrungen, es liegt an Euch, Eure zu sammeln.
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saloiv
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Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von saloiv » Di 15. Jun 2010, 22:48

Ich bin ja immer wieder begeistert, wenn ich an vielen Stellen eine regelrecht Panik vor allem Kalziumreichen vorfinde. Besonders Möhrenkraut scheint das Kaninchen-Gift schlecht hin zu sein und Kaninchen bei regelmäßiger Gabe ins Grab zu bringen. So die Forenweisheiten...

Heu hingegen, das deutlich kalziumreicher als Karottengrün ist, wird als Hauptbestandteil empfohlen und selbst Kaninchen die schon Blasensteine oder Ähnliches haben damit vollgestopft. Wie kann man auf der einen Seite absolut euphorisch Heu als Allzweckmittel und Hauptnahrung empfehlen und auf der anderen Seite dann Möhrenkraut nur in homöopathischen Dosen verabreichen?
Löwenzahn (der genauso kalziumreich wie Möhrengrün aber kalziumärmer als Heu ist) wird nicht mit extremen Kalziumwerten in Verbindung gebracht, weil er eben nicht diesen Ruf hat. Er wird als gesund bezeichnet.

Ich lese immer mit großer Faszination die Warn-Themen die das arme unschuldige Karottengrün als Killerpflanze hinstellen und es für alle vorrangig durch die Heuproblematik entstehenden Nieren- und Blasenleiden verantworten.
Besonders ide fantasievollen Schilderungen zur gemeingefährlichen Möhrenpflanze faszinieren mich immer wieder.
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Doro
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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von Doro » Mi 16. Jun 2010, 11:12

Wenn ich darf klinke ich mich hier mal ein :D

Ich bin ja Kaninchenneuling, ich hab die Beiden ja erst seit einem halben Jahr. Krümel war, ja war *man bin ich stolz auf mich :D * so ein Drops Kaninchen, immer wenn sie lieb war gab es Drops :autsch: Gefüttert wurde sie mit diesen Buntfuttereimern und Möhre. Keks, tja der kannte Heu, Stroh und wohl Körner, mehr weiß ich über ihn leider nicht. Als zuerst Krümel kam hab ich dann versucht mich zu informieren, leider wohl an den falschen Stellen. Mir wurde gesagt dass Heu, Heu und nochmal Heu gefüttert werden sollte, dazu abends eine viertel Paprika, ein halbes Schiffchen Fenchel und eine Möhre :autsch: Ich dämliches Ding hab das tatsächlich eine Woche lang probiert, allerdings mit einem ganz, ganz ungutem Gefühl im Bauch. Tja, dann hab ich im Netz gesucht, ich weiß gar nicht mehr wie ich gesucht habe aber ich bin auf die Kaninchenwiese gestoßen (die ich dann auch direkt weiterempfohlen habe :D ) Ich gebs zu, ich lerne immer noch, bei allen Wildkräutern bin ich mir noch nicht immer ganz so sicher, aber, sowohl Keks als auch Krümel sind bei Ad libitum angekommen, gut, ohne Apfel und Möhre (natürlich mit grün :D ) geht es bei den Beiden nicht, aber sie fressen Unmengen an Gräsern, Kräutern, Ästen etc. Und laut Aussage meiner TÄ sind sie so wie Kaninchen eben sein sollen, gesund und munter :freu:

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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von schweinsnase77 » Mi 16. Jun 2010, 11:39

Ich denke das Problem beim Heu ist schlicht und ergreifend das sich der Mythos noch ewig halten wird: heu braucht man zum Zahnabrieb. Und eben weil das ja schon so viel Calcium hat muss man dann bei dem Karottengrün und der fast noch pöhseren Petersilie sparen.

Ich spiel immer den Spielverderben beim Löwenzahn und geb da nicht nur die Calcium- sondern auch die Oxalsäurewerte an :hot:
Mit freundlichen Grunzern

Annette

Mit 2 samtpfotigen Killern

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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von saloiv » Mi 16. Jun 2010, 12:04

Ich mache mal ein paar Infos hier rein, die angesprochen wurden, damit jeder unseren Ausführungen folgen kann:

Kalziumgehalt, jeweils bezogen auf 100g:

Frischer Dill: 230mg - getrockneter Dill: 985mg
Frische Petersilie: 245mg - getrocknete Petersilie: 1131mg
Frischer Löwenzahn: 158mg - getrockneter Löwenzahn: 801mg
Frische Melisse: 150mg - getrocknete Melisse: 958mg
Frisches Gras: 111mg - getrocknetes Gras (Heu): 640mg
Möhrengrün: 388mg

Oxalsäuregehalt, jeweils bezogen auf 1kg:

Löwenzahn: 250mg
Rhabarber: 250-1000mg (Rhabarber wird allgemein von so manchen Seiten als "giftig" eingeschätzt, wegen der Oxalsäure)
Spinat: 350-750mg
Fenchel: 0-160mg
Möhre: 60-600mg

Fairerweise muss man aber dazusagen, dass der Oxalsäurewert sehr stark schwankt und je nach Quelle die Werte abweichen können.
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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von Gast0816 » Mi 16. Jun 2010, 12:10

Löwenzahn is zwar sehr calciumreich, aber seine harntreibende Wirkung is auch nich zu unterschätzen, von daher sollte man bei Tieren mit Harnsteinen oder Harngries doch nich drauf verzichten.

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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von Miss Marple » Mi 16. Jun 2010, 13:12

Ich sehe es wie Schweinsnase: Heu braucht man zum Zahnabrieb, Karottengrün nicht. Das kriegt man aus den Köpfen nicht raus.
Ebensowenig, wie man aus den Köpfen bekommt Kräuter = Blasensteine, Obst = Diabetes, regelmäßig Kräuter = Verlust der Heilwirkung...

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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von RuJo » Mi 16. Jun 2010, 13:49

Miss Marple hat geschrieben:regelmäßig Kräuter = Verlust der Heilwirkung...
Oh ja, das ist der Punkt, der mich immer fuchsig macht.
Ich wäre eh nicht der Typ, der da noch lange an den Kaninchen herumdoktoren würde, wenn sie mal was haben. Ab zum TA und der konventionellen Medizin anvertraut. Ich würde ganz bestimmt nicht bei einem schon angeschlagenen Tier auch noch versuchen irgendwelche Kräuter zu verfüttern, die es vielleicht gar nicht kennt (damit die Wirkung auch schön stark bleibt) und damit dem Darmsystem womöglich noch zuzusetzen. Also schon allein aus der Perspektive macht die vorgehensweise für mich keinen Sinn.

Mal abgesehen davon, dass da irgendwer was mit Antibiotika oder so verwechselt haben muss. Keiner käme auf die Idee zu behaupten, Vitamine würden nicht mehr wirken, wenn man sie täglich gibt..

Die Sache mit dem Heu ist wie gesagt schwierig. Als Alternative zum handelsüblichen Trockenfutter klingt die Heu-Frischfutter-Kombi gesünder und ist sich wohl auch. Die Alternative komplett ad libitum zu füttern ist hingegen nicht für jeden atok umsetzbar. Gekauftes Futter ist auf Dauer doch recht kostenintensiv, wenn man es in dem Umfang und vor allem der Sortenmenge anbieten will, dass die ad libitum Fütterung Sinn macht (ich denke wenn man dann jeweils immer 2-3 Tage nur 3 Sorten ad libitum anbieten kann, weil man sonst die Hälfte wegschmeißen müsste, ist der Sinn der Fütterung verfehlt, ich denke sogar, dass sie dann schaden kann). Und von Botanik-Noob zum Sammler zu avancieren ist für manche nicht der einfachste Schritt. Ich muss gestehen, mir ist das wohl auch nur so leicht gefallen, weil ich studienbedingt daran arbeiten musste, Pflanzen zu erkennen. Vielleicht wäre mir das auch ohne das Studium gelungen (vorher war ich eine absolute Niete und habe nicht mal Linde erkannt, und auch jetzt interessiert mich das botanische Feld nur, weil ich den Nutzen für meine Heimtierhaltung sehe), kann ich nicht genau sagen, weil Studium und Kaninchenhaltung etwa zeitgleich begannen. Und wenn einem dann dutzende sammelbare Futtersorten um die Ohren gehauen werden, kann einen das leicht erschlagen.

Ich bin daher auch nicht auf der Schiene, dass ich ad libitum als das einzig wahre darstellen würde. Man muss alles auch in einem realistischen Zusammenhang sehen. Wenn ich mit anderen Kaninchenhaltern zu tun habe mache ich es in der Regel so, dass ich erkläre wie (und warum) ich so füttere, und was ich für eine bessere Alternative halte, als die Heufütterung+100g-Regel und warum (nämlich weit mehr Frischfutter anbieten, nach oben unbegrenzt, und dann lieber notfalls mit der Sortenauswahl gegenzusteuern, falls sie doch Gewicht zulegen ... Blasengeschichten und Futtergier bringe ich gerne als Begründung). Daraus kann dann jeder seine eigenen Schlüsse ziehen. Meiner Erfahrung nach, stehen diesem Vorschlag viele Halter erstmal offener gegenüber, weil sie oft selbst schon fast mitleidig mit ihren Tieren sind, dass sie so wenig "leckeres" bekommen (wohingegen bei der Feststellung: "eure Fütterung ist Mist, ad libitum füttert der Tierfreund" oft geblockt wird, auch wenn man es blumiger verpackt... so tickt der Mensch, funktioniert nicht nur bei dem Thema). Und was ich ebenfalls beobachten konnte, dass von diesem Punkt aus viele Halter selbst ein Interesse entwickeln das auszudehnen.

Ich bin in einem Kaninchenforum, dass bis vor einer Weile noch geschlossen auf die alte Regelung gepocht hätte... aber ich stelle schon länger eine zunehmende Wandlung fest. Das geht natürlich etwas träge... aber mehr und mehr sind die Leute von einer umfangreichen Frischfutterfütterung überzeugt.
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Re: Calcium-Vergiftungen, Blasenstein-Berge, Harngrieß-Seen

Beitrag von Murx Pickwick » Mi 16. Jun 2010, 18:48

Das Schlimme ist, daß die Leute nicht begreifen, wie Calciumoxalatsteine überhaupt entstehen ... das Wichtige ist nämlich nicht der Calciumgehalt, denn der Calciumgehalt im Blut wird konstant gehalten, füttert man viel Calcium, wird viel Calcium ausgeschieden, füttert man zu wenig Calcium, wird Calcium aus den Knochen und den Zähnen gelöst und damit ein korrekter Calciumspiegel im Blut hergestellt - ist bloß blöd, wenn das Kaninchen dann nur drei Mahlzeiten am Tag bekommt und dann jedesmal zu den Mahlzeiten der Calciumspiegel im Blut durch die Nahrungsaufnahme kurzzeitig ansteigt und das Calcium, was ja eigentlich gebraucht wird, über den Harn ausgeschieden wird ...

Man kann also gar nicht über calciumarme Ernährung die calciumoxalathaltigen Steine verhindern! Das ist einfach die falsche Stellschraube! Aber man kann über calciumarme Ernährung ein Kaninchen nach und nach in einen Calciummangel bringen - die Folge sind nun Skelettschäden, Kieferweiche, kaputte Zähne, Zahnspitzen und so weiter und so fort - das, was mit einer Heuernährung eigentlich verhindert werden sollte, entsteht also nun erst recht!

Wichtig dagegen ist das Wasser ... ist viel Wasser da, was ausgepullert wird, wird alles mit dem Wasser aus Niere und Blase mitrausgespült - egal ob es Bakterien sind, ob es Calciumoxalate sind, ob es Harnstoff ist oder was weiß ich alles noch ist ... da können sich einfach keine Blasensteine bilden!
Schaut man sich an, seit wann überhaupt bei Kaninchen häufig Blasensteine auftreten, deckt sich das ziemlich genau mit der Zunahme der Ernährung mit Heu ist das Brot für die Kaninchen!
Schaut man sich an, wie Kaninchen ernährt wurden, welche Blasensteine bekommen, so sind über 80% Kaninchen betroffen, welche mit Heu, Heu und nochmals Heu ernährt werden und dazu ein bischen oder auch ein bischen mehr Gemüse. Den Rest stellen fast ausnahmslos die Kuntibuntikaninchen und ganz selten finden sich auch Pelletkaninchen unter den Urolithiasispatienten - und diesmal nicht, weil die Pelletkaninchen eh mit einem Jahr geschlachtet und gegessen werden, sondern weil Pellets ein konstantes Überangebot an Calcium bieten, wodurch das Calcium, da nicht auf einmal entsorgt werden kann, halt über den Tag gleichmäßig über Niere und Blase ausgeschieden wird ... dazu kommt das Salz in den Pellets, welche die Kaninchen dazu bringen, gerade eben mal genügend zu saufen, damit das Schlimmste verhindert wird.

Frischkostkaninchen bekommen keine Urolithiasis, egal wieviel Calcium sie da mit den Kräutern zusammen fressen müssen. Denen kann man die Kräuter sogar noch richtiggehend durch Kalk schleifen und mit Kalk pudern - sie bekommen davon keine Urolithiasis!

Merke:
Calciummangel verschärft das Urolithiasisproblem, Ursache für Urolithiasis ist jedoch Wassermangel selbst, genau wie bei jedem anderen Tier!

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