Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie vereinbar

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lapin
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Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie vereinbar

Beitrag von lapin » Do 10. Sep 2009, 20:28

Wenn ich so manchmal meine Ninis beobachte, dann erkenn ich immer mal wieder ihren Fluchtinstinkt, der sie vorallem in der Gruppe recht gut zusammen funktionieren lässt, fängt einer an zu trommeln, sind alle auf "ich renn gleich los" Stellung, jedoch ist auch zu erkennen wie sie verhaaren und sich leicht in die Richtung wo das Geräusch herkam hinstrecken und mit wippenden Kopf versuchen Witterung aufzunehmen1

Wie lassen sich denn bitte diese beiden "Charakterzüge" vereinbaren? Vorallem, was hat sich die Natur wohl dabei gedacht?
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Gast49
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Re: Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie verei

Beitrag von Gast49 » Do 10. Sep 2009, 20:34

lapin, das frage ich mich bei meiner Lotta auch schon immer. Bisher dachte ich, dass sich das vllt noch legt. Glaube ich aber mittlerweile nicht dran. Bei uns ist das immer folgendermaßen:
Sie hört die Leckerliedose (nur Gesundes ;) ) und kommt und kratzt am Tor vor Neugier. Sie stellt sich dagegen, wenn ich sie öffne und kommt sogar an der Hose hoch, wie ein Hund. Wenn dann aber meine Hand auch nur näher als einen halben Meter Abstand kommt, ist sie am anderen Käfigende und traut sich erst nach und nach näher... Bei mir also genau das Gleiche. Würd mich auch mal interessieren.

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Re: Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie verei

Beitrag von Grashüpfer » Do 10. Sep 2009, 20:56

Ich kann das bei meiner Gruppe nicht wirklich bestätigen. Wenn sie sich erschrecken und flüchten, dann meist in einen Unterschlupf, oder in eine geschützte Ecke und bleiben starr in Fluchthaltung stehen, die Ohren Richtung Fluchtgrund gerichtet. Dann kommen sie auch nicht neugierig mit dem Kopf an meine Hand, nicht mal, wenn ich was leckeres drin habe.
Sie bleiben entweder starr, oder rücken noch ein wenig weiter weg.

Anders, wenn sie sich vor einem bekannten Geräusch erschrecken, welches aber völlig unerwartet kommt, also eines dass sie vorher nicht gesehen haben, aber sie dennoch kennen wie z. B. dass man eine Dose holt. Wenn sie es nicht sehen, aber das Geräsuch hören, dann flüchten sie auch, aber kommen auch direkt wieder neugierig zurück.
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Re: Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie verei

Beitrag von lapin » Do 10. Sep 2009, 20:59

Ja an sich sind das doch aber 2 sich völlig beißende Dinge, der Fluchtinstinkt und der Drang alles neugierig zu erkunden. Was hat das für ein Grund, dass die Natur meint, das lässt sich in einem Tier vereinbaren?

Ist ja nicht so, dass man jetzt sagen könnte, ok das Geräusch könnte Feind sein, also Fluchtinstinkt, könnte aber auch Beute sein, deshalb etwas Interesse an dem Geräusch....oder hören Kaninchen Gras wachsen??? :D
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Re: Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie verei

Beitrag von Grashüpfer » Do 10. Sep 2009, 21:08

Aber vielleicht ist es so, dass ein Kaninchen lernt, dass von gewissen Geräuschen keine Gefahr aus geht, weil es den Grund für das Geräsuch vorher visuell gesehen hat. Bsp. Nini, sieht Frauchen eine Dose holen, Dose rappelt, Nini erschreckt, flüchtet. Sieht dann aber auch, dass die Dose aufgeht und was raus geholt wird, was lecker riecht, also dann mal wieder vorsichtig näher kommen.

Wenn Frauchen jetzt eine Dose holt die rappelt, das Nini das aber nicht gesehen hat, erschreckt es, aber wird auch gleich wieder zutraulich bzw. neugierig, weil es das Geräusch ja doch irgendwie kennt und nicht fremd ist. Die Geräusche in einem Haus sind vermutlich für Kaninchen alle fremd.

Die Geräusche in der Natur, kann ein Kaninchen möglicherweise besser zuordnen und weiß dann ziemlich sicher wann Gefahr ist und wann nicht. Während die Geräusche im Haus, eben keine natürlichen Geräusche sind und sie somit neugierig erkundet werden müssen, ob davon eine Gefahr aus geht.
Ich glaube nicht, dass ein Kaninchen in freier Natur, wenn es einen Fuchs abgehängt hat, kurze Zeit später wieder aus dem Bau kommt und neugierig die Nase in Richtung Fuchs streckt. Wenn dann wahrscheinlich, weil es fressen muss. :hm:
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Re: Fluchtinstinkt und stark ausgeprägte Neugier = Wie verei

Beitrag von Murx Pickwick » Fr 11. Sep 2009, 10:42

Die Natur ist einfach:
Flieht ein Kaninchen zu spät, wirds gefressen.
Flieht ein Kaninchen zu oft, kann es nicht mehr genügend Nahrung aufnehmen, verbraucht tierisch viel Energie, hungert und wird gefressen.

Wenn ein Kaninchen überleben will, heißt es also, so wenig wie möglich fliehen, so oft wie nötig fliehen.
Und dazu wiederum müssen Kaninchen ihren Feind kennen ... also neugierig sein und notfalls auch den Fuchs beobachten gehen. Geht der Fuchs nämlich nur jeden Tag an den Kaninchen vorbei, um zu seinem Bau zu gelangen, ist er ungefährlich, die Kaninchen können weiterfuttern und anderen lebenswichtigen Dingen, wie Fortpflanzung und Revierverteidigung zum Beispiel, nachgehen. Hat der Fuchs Hunger, müssen die Kaninchen rechtzeitig sich im sicheren Bau verstecken, tun sie das zu spät, hat der Fuchs seine Mahlzeit.

Es ist mit ein Grund, weshalb Kaninchen in Gruppen leben - viele Paare Augen sehen mehr, wie ein Paar Augen. Weiterhin können sie sich mit Wachdienst abwechseln ... ein Teil der Gruppe kann dem normalen Kaninchenleben nachgehen, ein Kaninchen paßt auf und warnt rechtzeitig die Gruppe, wenn etwas Gefährliches sich nähert. Dabei werden die ängstlichen Kaninchen weitaus länger und häufiger Wachdienst schieben, wie die mutigen Kaninchen - die Mutigen sind dann die Nutznießer, mutige Häsinnen haben mehr Zeit zur Futtersuche und nehmen besseres Futter auf, sie ziehen mehr Junge auf, können das Revier besser verteidigen etc.
Klappt jedoch nur, wenn ängstliche Häsinnen in der Gruppe sind, welche rechtzeitig warnen - denn wenn die Mutigen nicht rechtzeitig gewarnt werden, bekommen sie den Freßfeind zu spät mit und landen als Snack im Bauch des nächsten Beutegreifers.

Kaninchen haben eine ganze Reihe von Strategien entwickelt, wie sie ihre Feinde zum Narren halten können, die genau die Charakterunterschiede der einzelnen Gruppenmitglieder ausnutzen.

Ablenkung:
Die stärksten, fittesten und mutigsten Kaninchen rennen zum Feind hin und zeigen sich, so daß die gesamte Gruppe fliehen kann. Der Feind glaubt, das sich präsentierende Kaninchen ist ein krankes Kaninchen, daß es da so offen in der Landschaft gluckt und verfolgt dieses - ist jedoch nicht so, Kaninchen können sehr, sehr gut kalkulieren, sie kennen alle Fluchtwege in und auswendig und sind rechtzeitig im sicheren Bau verschwunden, der Freßfeind hat das Nachsehen.
Diese starken Kaninchen, die so etwas machen, haben den Vorteil, daß sie sich die Gruppe erhalten - je mehr Kaninchen da sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß es ausgerechnet sie es sind, die gefuttert werden. Außerdem bieten sie ihren Jungen gute Fluchtmöglichkeiten, es kommen also auch mehr Jungen hoch.
Wird es dann wirklich ernst und gefährlich, lassen diese Stärksten und Fittesten kurzerhand die anderen Kaninchen der Gruppe im Stich und warnen erst, wenn sie selbst in Sicherheit sind ... so stellen sie sicher, daß sie nicht selbst gefressen werden, sondern irgendein anderes Kaninchen ...

Wachdienst:
Meist sitzen ein oder zwei Kaninchen etwas am Rande der Gruppe und sind besonders aufmerksam, oft ruhen sie außerhalb des Baues, wenn die Anderen alle im Bau sind. Das ist der Wachdienst. An ihm kommt kein Beutegreifer vorbei ... es wird stets rechtzeitig gewarnt.
Die Regelung, wer Wachdienst schiebt, ist einfach ... ist kein Wachdienst zu sehen, macht das den Kaninchen Angst, wer die größte Angst hat, geht raus, schiebt Wachdienst. Die Wachhabenden beruhigen sich wieder, irgendwann sind andere Bedürfnisse, wie Hunger, Müdigkeit, das Bedürfnis nach Gemeinschaft etc stärker und der Wachdienst wird beendet - das nächstängstliche Kaninchen übernimmt.
Am Häufigsten sitzen dadurch die ängstlichsten Kaninchen der Gruppe, meist die rangniedrigeren der Gruppe.
Im Gegensatz zu den Ablenkungskaninchen ist der Wachdiensthabende immer zuverlässig - wenn was Verdächtiges zu sehen, zu hören oder zu riechen ist, wird Alarm gegeben und dann erstmal geschaut, was es ist. Der Wachdienst kann sich das leisten - er ist stets so in der Nähe vom Bau und derartig offen, daß er jeden Beutegreifer rechtzeitig sieht und rechtzeitig nach Warnung im Bau verschwinden kann.
Wildlebende Kaninchen entwickeln ein sehr ausgefeiltes Warnsystem, sie haben Klopfsignale für Verdächtiges unbekannter Art, große Bodenfeinde, kleine Bodenfeinde, Schlangen und Greifvögel.

Angriff:
Unter den Häsinnen gibt es immer mal wieder besonders aggressive Tiere, sie haben die Aufgabe, kleinere Beutegreifer, wie Schlangen, Ratten, Marder und ähnliches anzugreifen und zu eliminieren. Für sie ist besonders wichtig, daß der Wachdienst die Gefahr richtig einschätzt, denn sie stürzen sich regelrecht auf kleine Bodenfeinde und Schlangen, wenn der Rest der Gruppe flieht - oft ohne gleich den Feind zu sehen und zu erkennen ... besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten dann, wenn diese Häsinnen Junge in der Wurfhöhle haben. In der letzten Woche der Schwangerschaft dagegen fliehen sie genauso wie ihre Gruppengenossen, sie könnten sich ermüdende und kräftezehrende Kämpfe nicht mehr leisten, ohne ihre Jungen und sich selbst zu gefährden.

Seitensprünge:
Auf der Flucht können Kaninchen selbst aus vollem Lauf heraus um 90° wenden und dadurch plötzlich eine ganz andere Richtung einschlagen. Das verschafft ihnen Zeit, denn alle großen Beutegreifer, wie Fuchs und Hund, bekommen solche Seitensprünge nicht mit, laufen ein, zwei Galoppsprünge weiter und müssen dann erstmal die Kurve kriegen - bei der Größe kein leichtes Unterfangen ... das Kaninchen dagegen kann solche Seitensprünge nutzen, um ins nächste rettende Gebüsch zu verschwinden und dann unbemerkt in vollem Galopp zum rettenden Bau zu fliehen.
Besonders häufig sieht man ein solches Verhalten bei den Ablenkungskaninchen ... sie verwirren den Feind damit und ermöglichen sich und ihrer Gruppe die Flucht.

Die meisten dieser Verhaltensweisen kann man nur auf sehr großen Weiden mit Feinddruck oder aber bei wildlebenden Kaninchen beobachten, alleine eine Flucht braucht allermind. 10m, eine durchschnittliche Flucht geht über 50 - 100m. In einer Wohnung und in der Voliere ist nirgendwo so viel Strecke, um da wirklich mal zu sprinten. Weiterhin sind die Böden in Wohnungen meist hart, rutschig oder glatt - ganz anders der Bodengrund im Wald und auf der Wiese, wo Sand, Bodenunebenheiten und Pflanzen den Kaninchenbeinen guten Halt gibt und die 90°-Kurven erst ermöglicht.
Dann gibt es in der Voliere und in der Wohnung keine Freßfeinde - das Fluchtverhalten muß aber ausgelebt werden, also wird nun auch geflohen, wenn gar kein echter Feind da ist ...
Es kommt nun auf den Charakter des Kaninchens drauf an, wie es mit diesen widrigen Umständen klarkommt, die einen verkriechen sich halt beim geringsten Geräusch und kommen erstmal für ne Weile nicht mehr vor, die andern fliehen grundsätzlich beim Klappern der Futterdose, nur um wenig später sich wieder vorsichtig anzuschleichen ... oder auch so, als wenn gar nix gewesen wäre ... :crazy:

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