Joy unser ehemaliger Angsthund

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Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Mrs Rabbit » Di 4. Jun 2013, 23:44

Durch diesen Thread https://www.tierpla.net/post289161.html#p289161" onclick="window.open(this.href);return false; kam ich darauf euch mal von Joy zu erzählen. Wo ich sie her hatte, wie sie damals drauf war, was wir unternommen haben und wie sie jetzt geworden ist.

Ende April 2008 fuhren mein ehemaliger Freund, seine Brüder und ich zu seiner Mutter, weil ihr Mann verunglückte. Die Mutter holte uns mit Joy (damals 4 Jahre, 3 verschiedene Besitzer, hieß Jacky) vom Bahnhof ab. Joy machte ein riesen Theater, kläffte jeden an (außer mich :jaja: ), zeigte Angst. Mein ex Freund und ich waren 3 Wochen bei ihr und haben ihr seelische unterstützung gegeben, ich habe mich aber mehr auf Joy konzentriert. :hehe: Überwiegend lag Joy dort im Körbchen und kam 3x raus, bis zur Laterne und wieder zurück, damit sie ihr Geschäft machen konnte. Es wurde nur mal groß Spazieren gegangen, wenn das Frauchen lust auf wandern hatte. :roll: Es gab billiges Nassfutter und das wars. Mit ihr wurde nicht gespielt, sie konnte nicht mit anderen Hunden toben, wurde nicht beachtet, sie war einfach nur da. Mir ging das natürlich völlig gegen den Strich und ich fand es unmöglich. So habe ich mich dann immer um Joy gekümmert. Ich rief sie zu mir, ich nahm sie auf den Schoß und streichelte sie. Das fand das Frauchen natürlich nicht toll, weil Joy ja haart und sie nicht auf's Sofa sollte, mir war das aber ziemlich egal. :neck: Ich ging mit ihr spazieren und versuchte mich nicht "falsch" zu verhalten. Joy gewann in den ersten Tagen vertrauen zu mir, so viel das ich sie ohne Leine laufen lassen konnte. Ich wollte dann mit ihr Stöckchen spielen. Sie kniff sofort den Schwanz ein, legte die Ohren an und rannte ins Gebüsch. :shock: So eine Reaktion hatte ich von keinem Hund jemals erlebt. Ich war geschockt, entsetzt, sauer, traurig..ich kann das garnicht beschreiben wie ich mich in dem Moment gefühlt hatte, es war einfach furchtbar. Nach und nach taute Joy bei den vielen und ausgedehnten Spaziergängen immer mehr auf. Ich war so glücklich und im wahrsten Sinne des Wortes tief berührt als Joy ihre ersten "fünf Minuten" hatte. Sie lief los, wie von einer Biene gestochen und drehte ihre Runden, schlug Harken, überkugelte sich, man sah in dem Moment richtige Lebensfreude. Ihr glaubt garnicht, was das für ein Gefühl ist, wenn ein verängstigter gebrochener Hund die ersten Schritte im richtigen Leben macht, es ist überwältigend!
In den drei Wochen kümmerte ich mich ständig um Joy und sie klebte an mir, lag/saß immer auf meinem Schoß. Zwischendurch habe ich mit Venga immer mal Mails geschrieben und ihr geschrieben was passierte und hatte sie um Tipps gebeten.

Irgendwann sagte die Besitzerin, das sie Joy abgeben will, sie würde angeblich nicht mit ihr zurecht kommen. (Eigentlich war ihr der Hund einfach zu anstrengend und machte Dreck) Sie sagte, wenn ich will kann ich sie haben, oder sie kommt ins Heim oder sonstwohin.
Wegen irgendwas war ich tierisch sauer auf die Frau. Mitte Mai redete ich mit meinem Freund, wir packten unsere Sachen, nahmen Joys Leine und Näpfe mit, schrieben ihr einen Zettel und ich schrieb meiner Mutter eine Email das sie mich am Bahnhof mit Venga abholen soll und das ich den armen Hund mitbringe. Meine Mutter war anfangs natürlich nicht begeistert das ich ohne zu fragen einen Hund mitbringe und dazu noch ein Jack Russel mix. :hehe:
Am Bahnhof angekommen, kam mir meine Mutter mit Venga entgegen. Venga freute sich einen Keks, Joy war verunsichert, ängstlich und kläffte wie eine bescheuerte. Das interessierte Venga garnicht, sie war nur auf mich fixiert.

Zuhause angekommen sind wir direkt in mein Zimmer gegangen und ich hatte Joy eine Decke hingelegt, damit sie einen Platz für sich hatte. Ich zeigte ihr den Platz und sie legte sich auch dorthin.

Erst als ich sie bei mir zuhause hatte, merkte ich, vor was Joy alles Angst hatte und wo ihre Probleme sind. Sie hatte vor vielen Sachen angst - Bälle und Stöcke waren sau gefährlich, da kniff sie sofort die Rute ein und versteckte sich, vor Menschen hatte sie besondere Angst, eigentlich schon Panik. Immer wenn wir Joy riefen, sie streicheln wollten oder ähnliches, zitterte sie, legte die Ohren an und oft hinterlies sie einen "See". Sie war total verängstigt, unsicher, richtig "gebrochen". Als Joy das erste mal mein Vater sah (er hat eine tiefe brummige Stimme), sprach er sie an und wollte sie streichen, sie pieselte sofort unter sich vor angst. :heul: Seitdem hatte er Joy zur Begrüßung immer mit Leckerlies vollgestopft und zwischendurch wenn sie sich in seine Nähe traute gab es Leckerlies. Das selbe haben alle gemacht, zur Begrüßung Leckerlies.

Zwei Wochen nachdem Joy bei uns war, kam mein Onkel spontan zu besuch. Joy lag auf Vengas Decke im Arbeitszimmer, mein Onkel sah sie, sie legte sofort die Ohren an. Er sprach sie dann lieb an "Ja wer bist du denn? komm doch mal her" Joy kniff die Rute ein, legte die Ohren an, kroch mit einem Angstpuckel zu meinem Onkel und hinterlies eine Pieselspur. Ich ging dann sofort Leckerlies holen, die er ihr später wenn sie sich beruhigt hatte geben sollte.
Jeder Besuch ignorierte sie anfangs, hielt nur kurz die Hand hin und später haben sie ihr dann Leckerlies geben. So lernte sie nach und nach das nicht alle Menschen böse und gefährlich sind.
Da Joy Hunde, Katzen und andere Tiere nicht kannte, war sie zu Venga anfangs 'ne kleine Furie und die Katzen wurden gejagt, sofern sie sich jagen liesen.
Es hatte lange gedauert, bis sie zu mir und mein Eltern richtiges Vertrauen aufgebaut hatte. (ca. halbes Jahr) Es hatte Monate gebraucht, bis Joy merkte das Leute die zu Besuch da sind, nicht gefährlich sind. Unterwegs hatte es natürlich noch länger gedauert. Ich glaube, es hatte insgesamt 3 Jahre gebraucht bis sie ihre Angst vor Menschen ganz ablegte.

Um ihr die Angst vor Spielzeug zu nehmen, hatte ich mich so bekloppt wie möglich verhalten. (Meine Nachbarn haben sonstwas gedacht. :hehe: ) Ich alberte mit den Spielzeug rum, schmiss es in die Luft, rannte weg, nahm es auf, rannte damit durch die Gegend, lies es fallen machte Vollbremsung und nahm es wieder auf, ich hatte mich richtig zum Affen gemacht. :lol: Aber genau dieses Verhalten machte Joy neugierig. Irgendwann fing sie an mit mir mit zu spielen und so verlor sie immer mehr die Angst vor dem Spielzeug. :lieb: Ob es der richtige Weg war, ich weiss es nicht, aber es hatte bei ihr funktioniert. :lach:

Da ich damals schon Kaninchen hatte und ich ihnen wegen Joy den Freilauf nicht nehmen wollte. Musste ich Joy beibringen nicht zu den Kaninchen zu rennen. Ich machte also die Tür der Kaninchenecke auf und setzte mich mit Joy auf dem Schoß auf's Sofa. Joy spitzte die Ohren als sie die Kaninchen sah, war angespannt und sabberte etwas. (ausgeprägter Jagdtrieb) Ich hielt Joy fest, wenn sie etwas entspannter war, lobte ich sie und es gab Leckerlies. Diese Übung habe ich 3x täglich für ca. 30 Minuten gemacht, Länger ging nicht, wäre zu viel für Joy gewesen.
Nach ca. 1 Woche durfte Joy dann neben mir sitzen und ich hielt sie noch fest, beruhigte sie sich, bekam sie ein Leckerlie. Irgendwann war sie auf dem Sofa recht entspannt und so musste sie auf dem Boden zwischen meinen Beinen sitzen, blieb sie entspannt, gab es Leckerlies.
Nach ein paar Wochen merkte Joy, das die Kaninchen zum Rudel gehören und tabu sind.

Sie hatte von Anfang an einen ausgeprägten Jagdtrieb. Sie jagte alles über Maus, Vogel, Kaninchen bis zum Reh, alles wollte sie jagen. Ich kann nicht genau sagen, wie ich es hinbekommen habe, das sie nicht mehr jagen soll. Ich habe aber die Vermutung, das sie gemerkt hatte "Ich darf keine Katzen und Kaninchen jagen, also ist der Rest auch tabu". Rehe waren anfangs natürlich trotzdem noch spannend und sie machte Ansätze zum hinterher jagen, ich rief sie aber dann immer Beifuß. Wenn ein Hase oder Kaninchen übern weg lief, war das völlig egal. "Zuhause sind Kaninchen die ich nicht jagen darf, also darf ich die hier auch nicht jagen". Irgendwann legte sie das jagen völlig ab. Da kann ein Reh, Kaninchen etc. 1 Meter vor uns den Weg kreuzen, Joy guckt nur und widmet sich wieder ihren Sachen. :lieb: Ich weiss nicht ob sie die wilden Kaninchen/Hasen mit unseren Kaninchen verknüpft hat. Könnte es mir aber vorstellen. :hm:

Ich hatte damals nicht viel Ahnung mit der Erziehung von Hunden. Ich wuchs zwar mit Venga auf, aber die Erziehung übernahm meine große Schwester und meine Eltern - Ich hab lediglich mit Venga rumgealbert, ging mit ihr spazieren, zu Freunden mit Hunden und spielte mit ihr.

Joy ist wirklich kein Anfängerhund, ich war immer wieder überfordert, aber ich habe von ihr viel gelernt und konnte mich immer mehr in sie hineinversetzen. So habe ich es doch irgendwie geschafft, das Joy ein glücklicher, fröhlicher, frecher und ein richtiger HUND geworden ist. Und kein gebrochenes armes Seelchen.

Die Ausbildung mit Joy ist allerdings immernoch nicht fertig, sie hat immernoch Probleme und etwas Angst vor Hunden. Mit einigen kommt sie aber schon klar. Aber trotzdem haben wir riiiiiesen Fortschritte gemacht!

Ich habe leider keine Bilder von damals, die waren nicht schön anzusehen. Angst, immer Ohren angelegt etc. Es hatte Monate gedauert, bis man Fotos von ihr machen konnte, wo ihre Ohren aufgestellt waren.

Und das ist Joy heute - Bilderflut - freude pur!

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Artenfremde Tiere kein Problem mehr!
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Joy & Hope
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Aufgeweckt und fröhlich.
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Mit einigen Hunden kommt sie auch gut zurecht.
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Joy und Rüdi (Hund vom Vermieter) lieben sich. :lieb:
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Ich liebe dieses Bild. :liebe:
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Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein tolles Gefühl es ist, wenn ein gebrochender, verängstigter Hund, anfängt ein richtiger Hund zu werden und es zu genießen.
Es hatte alles lange gedauert, war zeitintensiv und man brauchte sehr viel Geduld, aber es hat sich gelohnt!!
Die die Joy von damals noch kennen, würden denken sie sei ein anderer Hund. Joy ist nicht wiederzuerkennen vom Verhalten und vom Charakter her. :liebe: Es ist durchaus anstrengend und schwer, aber ich könnte es mir nicht mehr ohne sie vorstellen. :lieb:


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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Venga » Mi 5. Jun 2013, 08:41

Ich hab noch nie einen Hund gesehen, der so viel Angst vor allem hatte und so auf gehorchen getrimmt war.
Joy war so auf gehorchen gedrillt, dass sie bei aller Angst doch angekrochen kam..
Sie führte Befehle aus, bevor das Wort ganz ausgesprochen war.
So schön es ist, wenn ein Hund gehorcht... bei Joy war es schrecklich anzusehen.
Man hatte das Gefühl, sie kannte überhaupt keine Freundlichkeit. Jedes laute Wort, der gehobene Arm, zu ihr runterbeugen, vor ihr stehen und auf sie runtergucken.... alles wurde von ihr mit rundem Buckel, eingekniffenem Schwanz und angelegten Ohren kommentiert. Oft auch mit einem kleinen See.
Was musste die kleine Maus schon alles ertragen haben?

Ich bin es gewohnt meine Tiere vollzuquatschen. Meistens gucken sie mich dabei an und hören aufmerksam zu.
Joy stand da und guckte in die Weltgeschichte. Sie kannte es gar nicht, dass mit ihr geredet wurde.
Heute steht sie vor einem, mit gespitzten Ohren und wedelndem Schwanz und wenn man als Abschluß in die Hände klatscht, kriegt sie ihre "5 Minuten" und fegt wie eine Kranke durch die Gegend. :D
Sie kann sich heute voll entspannen.
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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Murx Pickwick » Mi 5. Jun 2013, 10:38

Eine schöne Geschichte!
Ich hab es richtig genossen, es zu lesen ...

Mit dem zum Affen machen mit dem Spielzeug ist übrigens goldrichtig ... so kann das jeder Hund lernen, wieder zu spielen, ohne Angst vor dem Spielzeug. Wenn du dich in der Erziehung eines Hundes nicht zum Affen machst, bist du entweder eh schon einer, oder aber du machst etwas grundlegend falsch in der Hundeerziehung ... :D

Joy hat übrigens keinen Jagdtrieb - sie wußte nur nicht, daß man nicht hinter Kanin und Co herrennt - ist natürlich was, was allen Hunden Spaß macht, andere Tiere zu hetzen, zu stellen und zu verbellen - aber das hat nix mit dem Jagdtrieb an sich zu tun, das hat nur was mit Erziehung und dem Wissen beim Hund zu tun, ob er es soll, ob er es darf, oder ob es verboten ist - mit wachsendem Vertrauen von Joy zu dir konntest du ihr zeigen, daß du das nicht magst - also hat sie damit aufgehört, schließlich will sie dir gefallen - sie weiß, was sie an dir hat!
Du hast ihr ja das Leben gezeigt!

Hunde mit Jagdtrieb brauchen die Jagd, ihnen kann man das Jagen genauso wenig abgewöhnen, wie den Katzen das Mausen ... man kann dann nur mit ihnen jagen. Eine Lektion, die ich von meiner Hündin hab, sie hatte einen für Schäferhunde außergewöhnlich ausgeprägten Jagdtrieb. Sie war nicht glücklich, wenn sie nicht jagen durfte - und ich hatte es ihr halt mit den damaligen Methoden versucht, ihr zu verleiden, habs ja leider nicht besser gelernt - hat nie richtig geklappt, sobald sie außerhalb meines Einwirkungsbereiches war, ging sie jagen ...

Erst, als ich nen Jagdhund (übrigens ohne Jagdtrieb :hm:) bekam und den zur Jagdprüfung bringen wollte, fing ich an, die Cyra an die lange Leine zu nehmen, um Hassan das Vorstehen zu zeigen ... es hat nicht lange gedauert, da hat Cyra kapiert, sie darf jagen! Sie muß zwar die Jagd abbrechen, wenn ich das so bestimme, aber sie darf vorstehen, sie darf Spuren suchen, sie darf mir anzeigen, wo Wild steht - und das Wunder geschah, sie ging schlagartig nicht mehr alleine wildern, sie wartete darauf, daß wir gemeinsam jagen gingen - macht nämlich auch viel mehr Spaß! :D
Für mich hatte es den Vorteil, daß ich so zu den schönsten Wildbeobachtungen in meinem Leben kam ... und einen zwar unter Spannung stehenden, aber überglücklichen Hund an meiner Seite hatte! :D



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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Mrs Rabbit » Mi 5. Jun 2013, 11:14

Murx Pickwick hat geschrieben:Joy hat übrigens keinen Jagdtrieb
Ich vermute schon, das sie den Jagdtrieb hat.
Als ich damals die ersten Male mit ihr spazieren war, war eine junge Drossel (konnte noch nicht fliegen) im Gebüsch, Joy bemerkte das und ging sofort auf sie los. Hätte ich Joy nicht zurück geholt, wäre diese Drossel jetzt tot. Auch Mäuse hatte sie unterwegs gejagt und getötet, wenn sie sie bekommen hatte. :?
Als sie die Angst vor dem Spielzeug abgelegt hatte, warf ich unterwegs immer mal Bälle/Stöcke die sie "jagen" durfte. :hm: Sie liest auch Fährten und folgt denen, da muss ich sie dann auch immer mal zurück rufen.
Ich nehme immernoch ihr Spieltau mit, oder sammel unterwegs Stöcke/Zweige die ich werfe und sie rennt dann hinterher.
Wenn man sie beim spazieren nicht kopfmäßig beschäftigt und sie sich selbst beschäftigen muss, würde sie mit Sicherheit wieder auf dumme Ideen kommen. :hm:


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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Murx Pickwick » Mi 5. Jun 2013, 12:41

Als ich damals die ersten Male mit ihr spazieren war, war eine junge Drossel (konnte noch nicht fliegen) im Gebüsch, Joy bemerkte das und ging sofort auf sie los. Hätte ich Joy nicht zurück geholt, wäre diese Drossel jetzt tot. Auch Mäuse hatte sie unterwegs gejagt und getötet, wenn sie sie bekommen hatte.
Das ist das sogenannte Mäuseln (oder Rätteln bei Terriern, daher hießen die früher auch Rättler). Es ist nah verwandt mit der sogenannten Raubzeugschärfe, der Jagd auf wehrhafte kleine Beute. Mäuseln und Raubzeugschärfe sind bei Terriern, Pinschern und Schnauzern eigentlich erwünschtes und züchterisch gefördertes Verhalten. Sie sollten ja Haus und Hof mause- und rattenfrei halten und die jagdlich genutzten Terrier sollten zudem auch noch das Jagdrevier frei von kleinen Raubtieren halten, damit mehr Jagdwild für den Jäger überbleibt.
Selbst, wenn der Hund das Mäuseln braucht oder eine extrem ausgeprägte Raubzeugschärfe hat, spricht man nicht von Jagdtrieb.

Prinzipiell, jeder Hund jagd, jeder Hund kann jedes Verhalten aus dem Jagdbereich, das ist angeboren - und jeder Hund tötet, wenn man ihn läßt! Das ist nix außergewöhnliches! Hunde sind nunmal auch heute noch echte Raubtiere! Nur hat man halt einigen Hunden bestimmte Bereiche aus dem Jagdverhalten besonders herausgezüchtet - die Treibehunde beispielsweise bevorzugen die Jagd des Folgens und langsamen Treibens von sich aus, deshalb kann man sie erst als Schafhütehund und ähnliches einsetzen. Prinzipiell kann das auch ein Afghane - nur wird er, wenn man ihn läßt, als erstes auf die Idee kommen, wild hinter den Schafen herzurennen ... das ist halt sein Spezialgebiet, was man über Jahrhunderte züchterisch gefördert hat. Aber prinzipiell kann er auch langsam die Schafe umrunden, also hüten ... und tut das auch, wenn man genau das ihm als Jagd anbietet.

Außergewöhnlich wird es erst, wenn der Hund sich das Jagen nicht abgewöhnen läßt und es auch nicht auf Ersatzobjekte umzuleiten ist, weil er es zum Glücklichsein braucht. Erst hier spricht man vom Jagdtrieb.
Eigentlich ist dieser Begriff komplett falsch, denn eigentlich ist es eine hohe, angeborene Jagdpassion, hat also nix mit Trieb zu tun und nur insofern mit dem Verhaltenskomplex Jagdverhalten, welches ausnahmslos jeder Hund zeigt, wie eben diese angeborene Leidenschaft genau in dem Bereich zu finden ist, was das Jagdverhalten ist.
Das ist einfach geschichtlich bedingt, als der Begriff Jagdtrieb erfunden wurde, wußte man noch nix vom komplexen Jagdverhalten der Hunde, man ging nun einfach davon aus, daß die edlen Jagdhunde, die hinter dem königlichen Wild hinterherhetzten oder in England dem Federvieh vorstanden, den Jagdtrieb haben und die Hütehunde, die das Vieh zusammenhielten, diesen Jagdtrieb nicht haben - ist natürlich Nonsense, aber so ist halt dieser Begriff entstanden.

Die meisten orientalischen Windhunde haben einen ausgeprägten Jagdtrieb ... der kann weder auf Stöckchen fangen umgeleitet werden, noch ihnen aberzogen werden - man nutzt einen winzigen Teil des Jagdtriebes, den Hetzwillen, um diese Hunde auf der Rennbahn zu Höchstleistungen im Schnellrennen zu animieren - aber in Wirklichkeit wollen diese Hunde deutlich mehr, wie nur hinter nem Hasenfell herhetzen ... sie wollen jagen und brauchen das auch zum Glücklichsein!
Wenn man die nahen Verwandten dieser Hunde in ihrer Heimat beobachtet, sieht man auch, daß sie nicht nur hetzen (hetzen tut übrigens auch jeder Hund, ob er nun nen Jagdtrieb hat oder nicht), sondern sie arbeiten Fährten aus, sie stehen vor, sie Mäuseln und zeigen sämtliches Jagdverhalten, was jeder Hund zeigt - das Besondere ist einzig, daß sie das zum Glücklichsein brauchen. Wer es schafft, mit seinem Afghanen gemeinsam zu jagen, wird einen zuverlässigen Hund vor Wild haben ...

Kurzum ...
Joy hat, wie jeder Hund, das volle, komplette Jagdverhalten, das ist angeboren - einschließlich zubeißen, festhalten, totschütteln. Und Joy jagt gerne - wie jeder Hund. Wozu ist schließlich so ein komplexer Verhaltensbereich angeboren, wenn er nicht genutzt werden soll? - Ist unlogisch!
Jagen macht Spaß - jedem Hund!
Beute töten macht auch Spaß - fast jedem Hund!

Jagdtrieb hat Joy nicht, sie wird auch glücklich, wenn sie keine Wildschweine angreift und keiner Rehspur hinterherläuft - aber ihr macht es Spaß, sowas zu tun, weil es nunmal zum angeborenen Jagdverhalten eines jeden Hundes gehört.

Ich weiß nicht, ob ich es jetzt richtig erklärt hab ...



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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Fredpe » Mi 5. Jun 2013, 14:03

Danke für Joys Geschichte und die tollen Bilder.

Das ist richtig was fürs Herz. :lieb:


Liebe Grüße,
Melanie

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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Fritze » Mi 5. Jun 2013, 16:11

Herrliche Geschichte! - und erinnert mich SO an meine Angsthündin Praline.

Ich sags ja: Geduld, Geduld, Geduld
und
Zeit, Zeit, Zeit.

Das kriegt man alles an Vertrauen tausendfach zurück. Toll!


Viele Grüße von Fritze
mit Hasen, Hühnern, Katzen, Hunden.

Meine Geschichten aus der Provinz könnt Ihr auch nachlesen unter
http://www.landlebenblog.org

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Re: Joy unser ehemaliger Angsthund

Beitrag von Mrs Rabbit » Sa 22. Jun 2013, 15:23

Joy hat meinen Eltern und mir gegenüber völliges vertrauen. Wenn ich für Joy einen Sitter brauche, muss meine Mutter auf sie aufpassen. Ich könnte sie zwar auch woanders hinbringen, dort würde sie sich allerdings nicht so frei bewegen und vermutlich unsicher sein.

Joy verschätzt sich oft wenn sie auf den Schoß springen will, man muss sie oft "auffangen" weil nur der halbe Körper auf dem Schoß landet und würde dann runterfallen. :roll:

So liegt sie bei mir ganz oft auf dem Schoß und schläft, lässt es sich gut gehen. :wolke7:

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