Wesenstest Niedersachsen

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Wesenstest Niedersachsen

Beitrag von chien » Mi 10. Dez 2008, 10:25

Wesenstest Hund (Niedersachsen)

Zitat Wikipedia:
Der Wesenstest für Hunde wurde in Deutschland vom Gesetzgeber eingeführt, nachdem es im Jahre 2000 eine verstärkte Medienberichterstattung und großes öffentliches Interesse an einigen Angriffen von Hunden auf Menschen gab, die dabei verletzt und in einigen Fällen sogar getötet wurden. Die Medienberichterstattung konzentrierte sich zumeist auf so genannte Kampfhunde, so dass die öffentliche Meinung entstand, Todesfälle durch Hundebisse seien größtenteils durch Hunde der sogenannten Kampfhundrassen verursacht worden. Die Medienberichterstattung ließ andererseits z.B. zwei Todesfälle durch Rottweiler und einen Todesfall durch einen Labrador Retriever im selben Jahr unberücksichtigt. In den meisten Bundesländern wurden daraufhin Hundeverordnungen und Hundegesetze verabschiedet, die dem Halter eines Hundes aus bestimmten Rassen einen Test der Verhaltenseigenschaften (des "Wesens" und des "Charakters") des Hundes auferlegen. Das Verwaltungsgericht Gießen hat in einem Urteil die Begriffe Listenhund und Aggressionshund geprägt. Beide Gruppen von Hunden sind zum Wesenstest verpflichtet, wobei bei der ersten Gruppe eine Möglichkeit der Gefährlichkeit des Hundes vermutet wird (sogenanntes Besorgnispotenzial), hingegen ist bei der zweiten Gruppe der Hund tatsächlich durch Aggression aufgefallen!
Eigentliches Ziel des Tests ist,

die Besondere Verhaltensweise des jeweiligen Hundes zu erkunden, um akut eventuell gefährliche Hunde erkennen zu können.
Man ist wohl auch bestrebt, eine Prognose zum künftigen Verhalten eines Tieres zu machen um auch zu schauen wie da das Verhalten vor allem auch von den Haltungsumständen abhängt.
Jeder Hund kann zum aggressiven Hund erzogen werden und das unabhängig vom bestandener Wesenstest. Man behauptet. Dass bei Listenhunden das genetische Aggressionssteigerung geprüft werden kann , da diese grundsätzlich entweder vorhanden sind oder nicht (könnte man drüber streiten ;) ).

Der Wesenstest in Niedersachsen hat im Vergleich zu anderen, folgende qualitativen Merkmale:
  • - wird durch einen Tierarzt durchgeführt der sich in der verhaltenslehre auskennt
    - der Hund wird auf Beruhigungsmittel und Krankheiten untersucht, die das Verhalten beeinflussen könnten
    - der Testablauf wird auf Video vollständig dokumentiert
    - Testaufgaben werden alle doppelt durchlaufen
    - Die Dokumentation muss gerichtsverwertbar und schriftliche sowie detailliert erfolgen
    - Der Testlauf ist standardisiert, man kann keine Punkte oder Situationen auslassen
    - Punktesystem zur Auswertung der Ergebnisse, mit wissenschaftlichem Hintergrund.
Die niedersächsische Landesregierung bevollmächtigt Tierärzte zur Durchführung des Wesenstestes und kann diese Zulassung auch jederzeit wiederufen.

wieder Wikipedia:
  • In anderen Bundesländern wird der Test oft als standardisierter Kurztest und Inaugenscheinnahme des Hundes durch einen verhaltensbiologisch versierten Beauftragten des örtlichen Ordnungsamts vorgenommen. Verordnungen, Tests und die Folgen für Halter und Tier, wenn der Hund den Test nicht besteht, variieren dabei von Bundesland zu Bundesland. Die Sanktionen können letztlich bis hin zur Beschlagnahme des Hundes führen.
    In verschiedenen Hundezuchtverbänden werden für dem Verband angeschlossene Züchter Veranstaltungen durchgeführt, auf denen Zuchthunde von beauftragten Mitgliedern begutachtet werden. Dieser Vorgang wird auch Wesenstest genannt. Im Unterschied zum nds. WT fehlen hier wesentliche Elemente, wie die Tierarzteigenschaft des Prüfers, die Bedrohungssituationen und die Videoaufzeichnung. Es werden statt dessen teils rassespezifische oder einsatztypische Veranlagungen mit bewertet, wie z.B. Spürtrieb oder Schussfestigkeit. Das Gutachten umfasst oft nur eine Seite und hat außerhalb des Vereins keine Funktion.
Wichtige Einzelaufgaben sind u.a. zum ersten Abschnitt:
  • - ranganmaßende Gesten (Handauflegen auf Rücken und Kopf, Umfassen des Fanges)
    - Anstarren (Drohfixieren)
    - Konfrontation mit mehreren Personen, die Blindenstock und Gehstock benutzen
    - Konfrontation mit Joggern und Personen, die sich wie Betrunkene benehmen und nach Alkohol riechen
    - Einige Personen kommen auf den Hund zu (nicht zielgerichtet) und bleiben mit Körperberührung neben ihm stehen(Fahrstuhlsituation)
    - Eine Person liegt am Boden (oder hockt sich hin) und steht abrupt auf, als Halter und Hund den Testgang machen (Abstand 2m).
    - Eine Person schreit den Hund wütend an.
Zum zweiten Abschnitt gehören diese Aufgaben:
  • - Ein Regenschirm wird unmittelbar vor dem Hund aufgespannt
    - Klingelndes Fahrrad und hupendes Auto müssen passiert werden
    - Ein Kinderwagen mit Babygeräuschen wird vorbei geschoben
    - Eine Testperson geht auf den Hund zu, schreit ihn an
    - Eine Person bedroht den Hund mit einem Stock
    - Eine Person geht mit einem brennenden Feuerzeug auf den Hund zu
Zum dritten Abschnitt gehören diese Aufgaben:
  • - Zwei Hunde passieren den Prüfling
    - Konfrontation mit einem gleichgeschlechtlichen Hund hinter einem Zaun.
    - Der zu prüfende Hund wird vom Halter isoliert (Sichtschutz) ca. 2 m vor dem Zaun angebunden und mit einem gleichgeschlechtlichen Hund konfrontiert.
Der vierte Abschnitt der Prüfungsaufgaben enthält als Prüfsituationen verschiedene alltägliche Aufgaben, wie das Rufen des Hundes aus dem Freilauf, das Ausführen der Kommandos "sitz" und "platz" und das Ausgeben eines Spielzeugs (Ball) auf Kommando.

Diese Aufzählung von Aufgaben stellt nur einen Ausschnitt aus dem mehrstündigen WT dar.

Bewertung des Hundeverhaltens beim Wesenstest

Es geht insbesondere um die Prüfung der Reaktion des Hundes auf solche Reize, die bekannterweise Aggressionsverhalten bei Hunden auslösen können. Aggressionsverhalten ist ein normaler Bestandteil des Sozialverhaltens auch bei Hunden. Hunde, die in adäquat bedrohlichen oder ängstigenden Situationen knurren oder bellen, sind nicht pauschal als gefährlich einzustufen.
Natürlich müssen Hundehalter in der Lage sein, das Aggressionsverhalten ihrer Hunde regelnd zu beeinflussen, so dass keine Belästigung oder gar Gefährdungen von Menschen und/oder Artgenossen auftreten. Alle Hunde müssen entsprechenden Reizen begegnen können, ohne dass eine Situation eskaliert.
Ziel des nds. WT ist es, Hunde mit gestörtem Sozialverhalten, insbesondere einem unakzeptablen (inadäquaten) Aggressionsverhalten (Fehlen der Eskalationsstufen) herauszufinden, denn sie sind für ihre Umwelt aufgrund der dargestellten Störung ihres Sozialverhaltens ein erhöhtes Gefährdungspotential.

Bei den teils extremen Provokationen, wie Anschreien des Hundes oder Bedrohung mit einem Knüppel, ist ein adäquates Aggressionsverhalten (wie Knurren, Drohbellen) als normal zu werten. Wichtig ist, dass das Verhalten abgestuft gezeigt wird.
Bestanden gilt der nds. WT beispielsweise dann noch, wenn ein Hund folgende Reaktionen zeigt:
Bellen bei der Aufgabe 'Drohfixieren durch fremde Person'
Drohfixieren, Knurrbellen mit einem submissiven Display und Ziehen an der Leine bei der Aufgabe 'Bedrohung mit Stock'
Das Gutachten in diesem Fall lautete
In der Situation 5 (Anstarren) springt die Hündin in Richtung der Testperson und bellt einmal. Sie wendet sich im Anschluss sofort ab, zeigt Schnüffeln und Graben am Boden (Anmerkung: Beschwichtigungssignal) und nimmt dann Kontakt mit der Testperson auf. In der Situation 29 (Bedrohung mit Stock) reagiert die Hündin mit optischen und akustischen Drohsignalen (Drohfixieren, Knurrbellen) mit einem submissiven Display (zurück gelegte Ohren) und Ziehen an der Leine in Richtung der Testperson. Bei einem erneuten Abtesten der Situation mit Maulkorb weicht die Hündin der Testperson aus und zeigt keine aggressiven Signale. Das Drohverhalten des Hundes ist im Hinblick auf den gebotenen Reiz durchaus noch als situationsadäquat einzuordnen und damit in einem Bereich, der für einen Hund als normal einzuordnen ist. In den übrigen Hund Mensch und Hund Umwelt Kontakten können keine aggressiven Signale beobachtet werden. In der Testsituation am 5. März 2002 konnten bei der Hündin keine Hinweise auf gestört oder inadäquat aggressives Verhalten im Sinne der GefTVO vom 5. Juli 2000 beobachtet werden.


Punktesystem beim niedersächsischen Wesenstest

Es werden Negativpunkte vergeben in Abhängigkeit vom Schwierigkeitsgrad der Übung und vom gezeigten Hundeverhalten. Einfache Übungen werden mit höheren Multiplikatoren, schwere Übungen mit einem einfachen Multiplikator berücksichtigt. Leicht aggressives Verhalten des Hundes, z.B. Knurren, wird mit 2 Negativpunkten bewertet, Schnappen in Entfernung mit 3, Beißversuche mit 5 und Beruhigung des Tieres erst nach über 10 Minuten mit 7 Negativpunkten. Das Punktesystem ermöglicht eine einfachere statistische Auswertung der Testergebnisse.

Resumee:

Im Großen und Ganzen, gehört der "niedersächsische Wesenstest" wohl zu den umfangreichsten Tests, er hat aber auch den Vorteil, dass der Hund wirklich nicht einfach oberflächig geprüft wird und somit auch ziemlich sichergestellt ist, dass der Hund vom Wesen her unproblematisch ist.
Auch die Tatsache, dass hauptsächlich Ärzte mit der Durchführung des "Testes" beauftragt bzw. zugelassen sind hat den Vorteil, dass ein anderes Verständnis ggü. dem Tier und sein Verhalten herrscht, als das eines "Halblaiens".

Quelen: Wikipedia (Wesesenstest NI) + Eigene Ergänzungen.



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