Meerschweinchen, Degus, Chinchillas und die weiter oben beschriebenen Greifstachler gehören genauso zu den Stachelschweinartigen, wie die nun folgenden Gundis - allerdings haben sich vor langer, langer Zeit die Stachelschweinartigen in eine südamerikanische und eine afrikanische Linie aufgespalten. Die Gundis gehören mit den Stachelschweinen zu den Afrikanern. Das Stachelkleid der Stachelschweine und der Greifstachler hat sich also zweimal unabhängig voneinander entwickelt ... ist halt ein sehr wirksamer Schutz.
Gundis haben kein Stachelkleid, sondern ein ganz normales, sogar sehr weiches, plüschiges Fell - eine Anpassung an ihren Lebensraum.
Gundis leben in Nordafrika, genauer gesagt in Felsen- und Geröllwüsten der Sahara. Dies ist ein recht extremer Lebensraum, der zwar durch die extreme Trockenheit nur wenigen Tieren, und damit auch nur wenigen Beutegreifern, ein Auskommen sichert, aber gleichzeitig nahrungsarm und wasserarm ist. Es gibt zwar immer wieder Jahre, wo es viel regnet und dementsprechend viel wächst, aber das sind nur kurze, paradiesische Zustände für die Gundis, normal herrscht Nahrungs- und Wassermangel ... Gundis sind deshalb sehr flexibel, was die Wohnsituation angeht. Gibts viel Nahrung, bleiben sie freiwillig auf wenigen Quadratmetern, gibts wenig Nahrung, wandern sie zwangsweise kilometerweit. Außerdem sind sie nicht sehr wählerisch, was Nahrung angeht, sie fressen nahezu alle in ihrem Vorkommensgebiet vorkommenden Pflanzen.
Die ständig nachwachsenden Backenzähne ermöglichen es ihnen sogar, viele stark schleifende Pflanzen, wie beispielsweise Gräser, zu futtern, ohne daß sie innerhalb weniger Jahre auf dem Zahnfleisch kauen müssen.
Um sich vor dem Verdursten zu retten, können Gundis ihren Harn eindicken, weiterhin kommt ihnen eine Nagereigenschaft zugute, sie schwitzen nicht. Dafür sind sie auf schattige Felshöhlen und Felsspalten angewiesen, wo sich sich in der größten Hitze des Tages zurückziehen können. Sie sind zudem äußerst hitzeresistent, wo andere Nager im gleichen Lebensraum schon längst austrocknen, finden es Gundis noch äußerst witzig, sich in der Sonne zu ahlen. Erst bei Temperaturen von über 30°C im Schatten ziehen sie sich in die kühlen Felsspalten zurück.
Gundis können im felsigen Revier keine Höhlen bauen - und versuchen das erst gar nicht ... sie nutzen also nur Felsspalten und Felshöhlen - und die sind nicht immer dem Umfang der Gundis angepaßt, also müssen sich die Gundis der Felsspaltengröße anpassen. Sie können durch spezielle Scharniere ihrer Rippen sich platt wie Flunder machen und können sich entsprechend noch in Felsspalten pressen, die eigentlich viel zu eng sein sollten für die Gundis.
Gundis sind durch ihre Tarnfärbung für Beutegreifer nahezu unsichtbar ... aber sobald sie sich bewegen, fallen sie auf. Sie haben also ein Problem - einesteils brauchen sie Nahrung, sie müssen also raus aus ihren Verstecken und sich bewegen, andernteils lauert der nächste Beutegreifer bestimmt ...
Die Möglichkeit, ihre Aktivität an extrem kleine oder extrem große Reviere anzupassen, ist eine notwendige Anpassung, um einen brauchbaren Kompromiß zu schaffen. Die hohe Hitzeresistent ist eine weitere - denn in der brütenden Tageshitze sind die Beutegreifer nicht mehr gern unterwegs, sie sind mit Wassersparen beschäftigt ... und faulenzen lieber in seltenen Schattenbereichen vor sich hin ... dementsprechend wird man Gundis niemals draußen sehen, wenn es unter 10°C kalt ist. Da dauern sie lieber unsichtbar in ihren durch die Sonne des Vortages angewärmten Felsspalten aus.
Gundis haben so ziemlich alles eingespart, was sie auch nur irgendwie daran hindern könnte, sich in Felsspalten zu quetschen. Sogar die Ohren zeigen auffällige Änderungen, so sieht man kaum Ohrmuschel - wegrationiert, damit die Gundis nicht an scharfen Kanten der Felsspalten hängenbleiben können.
Ohne Ohrmuscheln können jedoch Töne nicht mehr so gut geortet werden - bzw die eh in der Wüste nur schlecht vernehmbaren Geräusche können nicht mehr gebündelt werden. Also nutzen die hochsozialen Gundis Pfeiff- und Zwitschertöne, die besonders weit in der Wüstenluft getragen werden und haben zudem eine extrem große Ohrenöffnung - was jedoch wieder zu einem weiteren Problem führt, denn wo viel Ton reinkommt, kommt auch viel Sand rein! Versandete Ohren würden sich jedoch entzünden, geht also gar nicht ...
Also schützen die Gundis ihre Ohren mit steifen Haaren, welche zwar die Töne gut durchkommen lassen, aber den Sand abfangen.
Im Zoo Frankfurt gibt es regelmäßig Gundijunge. Und mit ein wenig Glück kann man eine weitere Besonderheit der Gundis beobachten, denn die Zitzen sitzen partout nicht dort, wo man sie erwarten würde, sondern ein Zitzenpaar sitzt direkt hinter den Achseln ziemlich seitlich am Gundi, ein zweites Zitzenpaar sitzt an der Vorderbrust vor den Vorderbeinen. Dies ist eine weitere Anpassung an ihre Lebensweise auf Felsen, denn so stören die Zitzen nicht, wenn sich die Gundis in superenge Felsspalten quetschen. Würden die Zitzen an den üblichen Stellen sitzen, würden sie beim Verstecken über den Boden schleifen und es käme vermehrt zu Entzündungen der Zitzen.
Ich denke, an der Stellung der beiden saugenden Jungen kann man die Platzierung der Zitzen gut abschätzen.
Gundis sind sehr soziale Tiere, ihre Jungen werden fertig geboren und sind nur kleinere Ausgaben der ausgewachsenen Gundis.
In der Regel werden in den ersten drei Tagen die ein bis zwei Jungen nur von ihrer Mutter betreut - danach jedoch werden sie von der gesamten Gruppe betreut. Da die Backenzähnchen erst wachsen müssen, kauen die ausgewachsenen Gundis sogar hartes Pflanzenmaterial vor, so daß die Lütten schon recht früh Zusatznahrung zur Muttermilch nutzen können, das entlastet die Mutter.
Im Zoo Frankfurt ist es nahezu unmöglich, die korrekten Mütter zu den Jungen zu finden ... die Jungen saugen an jeder Mutter, die gerade Milch hat. Und wenn sie mal nicht bei fremden Müttern nach Nahrung suchen, so sind sie ziemlich selbstständig auf Entdeckungstour.
Zwar werden die Lütten auch von den ausgewachsenen Gundis geputzt, aber sie können das eigentlich auch schon selbst sehr gut.
Ich hab ja oben schon davon geschrieben, wie stark die Gundis alles wegrationalisiert haben, was das Quetschen in Felsspalten irgendwie behindern könnte - selbst der Schwanz ist wegrationalisiert, über bleiben nur ein paar Härchen dort, wo man den Schwanz vermuten würde ...
Es gibt nur weniges, was vom Gundi absteht - dazu gehören die Tasthaare. Die sind wichtig, denn sie geben den Gundis zusätzliche Informationen, wo es in dunklen Spalten und Höhlen weitergeht und wo sie sich noch überall so reinquetschen können.
Gedrungener und walzenförmiger Körperbau und kurze Beine komplettieren die äußerlich sichtbaren Anpassungen an die Felsspaltenversteckerei.
Wenn Gundis etwas finden, was freßbar ist, fackeln sie nicht lange, sie können es sich nicht leisten, Futter liegenzulassen - sie legen keine Vorräte an, nicht mal in Form von Speicherfett, sondern leben von der Hand in den Mund ... wirds eng, wandern sie halt kilometerweit, gibts viel Fressi, reichen ihnen deshalb wenige Quadratmeter aus.