Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

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Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von RuJo » Mo 5. Mär 2012, 01:24

Huhu,

bald ist es soweit, und die Erdkröten (Bufo bufo) werden sich bei den derzeit steigenden Frühlingstemperaturen aus ihrem winterlichen Schönheitsschlaf erheben, um ihren Ehrentitel höchstpersönlich entgegen zu nehmen.
Ab Mitte März tauchen sie wieder auf und machen sich auf den Weg zu ihren Laichgewässern. Häufig sind die Männchen die ersten, die massenhaft am Gewässer eintreffen, denn wer zuerst kommt malt zuerst. Dort lauern sie auf die einwandernden Weibchen und umklammern sie, sobald sie sie zu greifen bekommen, und lassen nicht eher los, bis alle Laichschnüre abgelegt und befruchtet sind. Nicht selten kann man auch Paarungsklumpen beobachten, bei denen bis über ein halbes Dutzend Männchen versuchen, ein Weibchen für sich zu beanspruchen.
Trifft ein Männchen während der Wanderung auf ein Weibchen, nutzt es die Gelegenheit und klammert sich sofort fest, um den Rest des Weges getragen zu werden. Wie gut für die Dame von Welt, dass sie ein ganzes Stück größer wird als der feine Herr. Die Weibchen werden gut doppelt bis dreimal so schwer wie ein Männchen. Alte Weibchen (Sie werden ca 10, in Gefangenschaft sogar über 30 Jahre alt) sind mit 100g Reingewicht wahre Brummer.. tragen sie Laich im Bauch, bringen sie sogar noch mehr auf die Waage. Männchen erreichen selten ihr Maximalgewicht von 50g.

In den Laichgewässern werden die Laichschnüre mit je 1000 bis 3000 Eiern (eine fortlaufende Gallertschnur, in der die Eier eingebettet sind, unterscheiden den Laich von Froschlaich, der in Klumpen abgelegt wird!) um die Unterwasservegetation gelegt. Ist die Paarung beendet (Nachzügler sind noch bis Mai oder gar Juni beschäftigt an manchen Gewässern) verlassen die Alttiere relativ schnell wieder das Gewässer und gehen wieder einzeln ihrer Wege, die sich den Rest des Jahres eher auf das Land und vorwiegend nächtliche Aktivitätsphasen beschränken. Dabei kann das sommerliche Revier bis zu 3 Kilometer vom Laichgewässer entfernt sein.

Die jungen Quappen sind nach dem Schlupf die ersten 1-2 Tage wenig agil, aber bald schwimmen sie aktiv herum, folgen im Tagesverlauf gesellig der Sonneneinstrahlung und weiden Algen, Aas und totes Pflanzenmaterial ab. Je nach Nahrungsangebot und Wassertemperatur brauchen die kleinen etwa 2 Monate, um sich zur kleinen Kröte zu entwickeln. Gegen Ende Juni, Anfang Juli verlassen innerhalb von wenigen Tagen tausende von kleinen Jungkröten ebenso massenhaft ihren Geburtsort, wie zuvor die Alttiere eingefallen sind.

An Land ernähren sich die Tiere in einem Jagdrevier von bis zu 100m Durchmesser hauptsächlich von Würmern, Schnecken und Gliederfüßern aller Art.

Erdkröten haben viele Feinde. Sie werden nicht nur gerne von Schlangen wie der Ringelnatter gefressen, sondern auch von Mardern, Greifvögeln und Reihern. Die Jungkröten fallen sogar Amseln oder großen Laufkäfern zum Opfer. Die Quappen werden ebenfalls von Käfern wie dem Gelbrandkäfer oder von Libellenlarven und Fischen erbeutet. Aber einer der größten Feinde ist der Straßenverkehr, besonders bei den massenhaften Wanderungen. Deswegen werden vielerorts Krötentunnel oder -Zäune errichtet.

Die Erdkröte ist in Deutschland aber nach wie vor die am weitesten verbreitete Amphibienart, und wird in der roten Liste als nicht gefährdet geführt. Den Titel zum Anlass nehmend, sollen überfahrene Erdkröten erstmals flächendeckend erfasst werden um einen Überblick über die jährlichen Straßenopfer zu erhalten. Hierbei ist Mithilfe gefragt. Überfahrene Kröten können [url=https://www.nabu.de/tiereundpflanzen/amphibienundreptilien/news/14616.html]hier[/url] gemeldet werden!
Aktuell sind in diesem Jahr bereits 1367 (Stand 04.03) tote Tiere gemeldet, obwohl die Hauptwanderphase noch gar nicht begonnen hat.

Die ersten Erdkröten kommen bei entsprechender Witterung bereits Ende Februar/Anfang März aus ihren Winterverstecken
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Viele buddeln sich über den Winter an geschützten Stellen in die Erde ein
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Den breiten Kopf ziert nur eine kurze Schnauze
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die Haut ist von zahlreichen Warzen bedeckt
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deutlich fallen die großen Giftdrüsen (Parotide) hinter den Augen auf, die Hautgifte absondern, mit der sich die Tiere vor Befall durch Mikroorganismen schützen. Zudem schreckt es viele Angreifer ab und wirkt auf diese toxisch.
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Die Augen sind deutlich hervorgewölbt, zeigen waagerecht elliptische Pupillen und eine rot-kupfrige Iris
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Die Färbung ist recht variabel und reicht von Grün- über Braun- bis hin zu Rottönen. Oft ist die Färbung eher einheitlich, manche Tiere sind aber auch kontrastreicher gefleckt oder gestreift. Ein Tier kann die Färbung im jahresverlauf auch wechseln, was zB mit Jahreszeit und Häutung zusammenhängt. Hier zwei Männchen im Frühjahr, die nicht nur kleiner als die Weibchen sind, sondern auch einen flacheren Kopf haben.
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tagsüber verkriechen sie sich gerne in Spalten und Ritzen um Wasserverlust zu vermeiden
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daher sieht man sie, wenn sie sich in alle Winde verstreut haben, eher selten, und dann meist nachts
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fühlen sie sich bedroht, blasen sie sich auf, um größer zu Wirken. Bei starker Bedrohung, gehen sie sogar auf die Zehenspitzen und stellen sich hochbeinig auf
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Die Kaulquappen sind sehr gesellig und treten in Schwärmen auf. Viele Fische verschmähen sie, da sie ein unappetitliches Abwehrsekret produzieren
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Sie weiden gerne Algenteppiche ab, und bevorzugen von der Sonne aufgeheizte Wasserbereiche
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Die kleinen Kröten brechen oft gemeinsam, am liebsten an Regentagen, auf. Auf diese Weise verringert sich das Risiko, in dieser kritischen Situation erbeutet zu werden für den Einzelnen
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im Gegensatz zu den Alttieren, die vorwiegend gehen, bewegen sich Jungtiere meist hüpfen fort, und sind daher schwer zu fotografieren
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sie weichen dabei auch gezielt möglichen Beutegreifern (oder einer ollen Kuh, die mit ihrer Kamera nicht locker lässt) aus.. aber ein schöner Rücken kann ja auch entzücken
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doch noch erwischt
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Erwachsene Kröten bewegen sich lieber Schritt für Schritt
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solche alten Weibchen bekommt man eher selten zu Gesicht.. dieses hier versteckt sich in einem verlassenen Uferschwalbennest vor der Hitze des Tages
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Vielleicht wollt ihr ja eure Augen dieses Jahr mal besonders offen halten und eure Begegnungen hier teilen ;)

liebe Grüße
Aj

PS: Reptilien und Amphibien werden bei den Tieren des Jahres in einer Kategorie geführt .. es gibt also nur entweder einen Lurch, oder ein Reptil des Jahres


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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von eichhorn33 » Mo 5. Mär 2012, 06:04

Eine lebt schon seit mehreren Jahren in meinem Beet vor dem Hasenzimmer . Sie hüpft bevorzugt in der Dämmerung (natüüüürlich , da sehe ich sie ja schön schlecht und spät) auf den Weg , mir direkt unter die Füße . Bin deswegen schon öfter wegen einem Ausfallschritt fast gestürzt :püh: .
Seit ein oder zwei Jahren gibt es auch noch ein oder zwei jüngere Tiere .
....... heißen alle Küwalda ;) , so wie alle Spinne bei mir Tekla heißen :pfeif: .



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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von eichhorn33 » Mi 14. Mär 2012, 23:29

Küwalde saß vorhin auf meiner Fußmatte IN der Wohnung . Ich hatte die Terassentür noch auf und war wegen einer Katze noch mal raus ..... wie ich wieder rein gehe sehe ich sie erst :hot: .
Das hätte mir ja noch gefehlt , dass ich auf sie drauf trete :heul: .
Die ist all´ die Jahre sooo treu . Ich glaube fast , sie hängt ein bischen an mir :pfeif: .



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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von RuJo » Mi 14. Mär 2012, 23:41

Ist aber eher ein Küwaldo ;-)
Toll, ich hab immernoch keine gesehen leider. Aber ich vermute stark, ich hab bisher einfach an den falschen Stellen geschaut. Klarer Fall von zur falschen Zeit am falschen Ort.. das Wetter ist eigentlich perfekt zum loswandern. Dafür wurde der erste Molch hier in leipzig schon gesichtet.


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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von freigänger » Do 15. Mär 2012, 08:32

gestern abend hats bei der holzlad so geraschelt (bei dunkelheit unheimlich :schäm: ) und ich überlegte ob die igel schon unterwegs sind. könnte also 'kathi' die kröte sein :freu: werd heut wieder vermehrt wasserschalen aufstellen.


liebe grüße freigänger

vom 18.6.00 bis 14.4.12 begleitete mich cano treu und in liebe, wie nur ein hund kann. danke cano. Wer wagt, kann verlieren. Wer nicht wagt, hat schon verloren. (b.brecht)

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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von RuJo » Do 15. Mär 2012, 23:42

Ich habe vorhin auch meine erste Erdkröte des Jahres gesehen auf einem Friedhof (die war aber quicklebendig ;) )


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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von Venga » Fr 16. Mär 2012, 00:13

An unserem Angelteich haben wir immer regelrechte Invasionen von Erdkröten.
Die Kaulquappen ziehen in riesigen Schwärmen durch den Teich. Es sieht aus als ob dunkle Wolken durch den Teich schweben.
Diese winzig Kleine ist erst wenige Stunden an Land. Das sind ganz normale Eichenblätter.
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Wir haben auch eine Kylwalda. Seit ich den kleinen Teich angelegt habe, kommt sie oft an Sommerabenden und nimmt ein Bad.
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Die Katzen haben nur kurz geschnuppert.
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LG
Venga

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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von RuJo » Fr 16. Mär 2012, 00:48

Na an der ist ja auch ordentlich was dran *g*
Ja, die Quappenschwärme sehen schon krass aus.. irgendwie toll


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Re: Lurch des Jahres 2012. Die Erdkröte

Beitrag von RuJo » Mi 18. Apr 2012, 16:06

Die Jahreszeit ist perfekt für eine Fotosession mit dem Lurchtopmodell of the year ;)

Am Montag an einem Laichgewässer im Wald:

Nachdem die Erdkröten wegen den verwirrenden Wetterbedingungen ein wenig aus dem Takt gekommen waren (sie saßen wochenlang im Laichgewässer, aber es war dann plötzlich doch wieder zu kalt für die Paarung), haben sie nun endlich mit dem Laichen begonnen.

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Die Pärchen werden die ganze Zeit verfolgt von Singelmännern, die doch noch ihr Glück versuchen wollen.. mit kräftigen Beintritten versucht das Huckepackmännchen die Konkurrenten dann zu vertreiben
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Da in der Regel Männchenüberschuss herrscht, werden einige Singelherren irgendwann recht panisch, und brutal... solche Paarungsklumpen findet man immer wieder mal...häufig mit tödlichem Ausgang für das Weibchen, dass auch hier schon längst tot sein dürfte
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der hier hat noch keine abbekommen... dafür hat er sich schön in Pose gelegt für eins meiner Lieblingsbilder der Session
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...bevor er dann wieder auf Pirsch ging
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Aber nicht nur Konkurrenten der eigenen Art trüben das romantische Stelldichein... der See wird auch von medizinischen Blutegeln bewohnt, die immer wieder Kröten dazu veranlassten, dass Gewässer zu verlassen (leider auch laichende Pärchen, die dann den halben Laich an Land verteilten).. wenn man beim Klumpenbild oben genau schaut, sieht man auch, dass dort nicht nur Erdkröten beteiligt sind (unten rechts hängt ein Blutegel)
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die waren auch gerade geflohen, und hatten eine Egel hinter sich hergeschleift bevor der los ließ...
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das Männchen sieht ganz schön fertig aus, von der anstrengenden Flucht auf den Rücken des hochschwangeren Weibchens, dass auch noch ihn herumschleppen muss ;)
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hier der Missetäter (die ich auch unglaublich faszinierend und wunderschön finde.. in Deutschland nur noch selten in freier Wildbahn zu finden)
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kurz ausruhen, bevor man sich wieder ins Getümmel stürzt
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Und das ist dann das vorläufige Ergebnis des ganzen: Laichschnüre
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Portrait
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hoffe euch hat das Anschauen der Bilder soviel Spaß gemacht, wie mir das aufnehmen
Aj


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