Efeutute giftig ?

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Ziesel
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Efeutute giftig ?

Beitrag von Ziesel » Di 13. Apr 2010, 01:15

Diese Efeuart ist in der Terroristik ´ne recht beliebte Pflanze. Sie ist recht anspruchslos, brauch kaum Pflege, lässt sich problemlos vermehren und man erhält sie in sattem Grün, hellggrün, mit weiss oder gelb... Das Zeug rankelt auch gut bei weniger Licht, was sich in den Terrarienecken als Vorteil erweist (bei starkem Licht wie zB unter der Terrabeleuchtung welkt das Laub schnell) und von zB kleineren Chamäleons können die Ranken zum Klettern genutzt werden.
Auch in der Süßwasseraquaristik findet man Epipremnum pinnatum bzw Epipremnum aureum. Hier dients zur Verbesserung der Wasserqualität (einige Aquarianer in lassens in ihrem Becken wurzeln um so dem Aquawasser Phosphate und Nitrate zu entziehen)

ABER eigentlich gehöhrt die Efeutute doch zu den Aronstabgewächsen und ist somit giftig?!

Seit Jahren habe ich verschiedene Tuten die wüst durchs Wohnzimmer und in verschieden Terras rumefeuranken. Bei Schlangen besteht da ja nicht die Gefahr, dass sie sich spontan überlegen Vegetarier zu werden und mal reinbeissen, doch Echsen wie zB einige Chams (Leon nicht) futtern ja Grünzeug und nicht nur die. Auch das Futtergetier meint da mal´n Happen nehmen zu müssen um denen schadet´s offensichtlich nicht.
Ich füttere zB Heuschrecken auch mit Salat und Möhrenscheibchen und war anfangs sehr besorgt, dass die im Terra unerlaubter Weise meine Efeututen anknabbern wenn sie nicht gleich von Leon erwischt werden
Bild
Also hab ich vor´ner Weile mal getestet:
Ich hab ´n Dippchen Heuschrecken mehr gekauft und die Hälfte der Tiere in eine Pet-Box gesetzt und zum normalen Futter auch Efeututenableger angeboten. Die andere Hälfte bekam keinen Efeu, sondern nur´ne Eierpappenhaus, normales Futter und etwas Salat.
Nach´n paar Tagen sahen alle aus wie Heuschrecken, benahmen sich wie Heuschrecken..also keine heuschrecklichen Todesfälle oder so...
Seit dem halt ich dem Cham auch nicht mehr immer jedes Futtertier einzeln hin, sondern setz auch manchmal mehrere rein und lass das Chamäleon allein durch die Botanik jagen.
Wie man hier sieht, knabbert das Futtergetier frech am Efeu
Bild
obwohl da auch andere Pflanzen wachsen a

:hm: also´ne Giftwirkung hab ich nicht bemerkt



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 13. Apr 2010, 10:44

Die Aronstabgewächse schützen sich mit sogenannten Oxalat-Raphidien, das sind spitze Gebilde aus Oxalat, teilweise mit eigenem Gang für das eigentliche Gift, der in großer Menge in diesen Pflanzen enthaltenen Oxalsäure.

Das Prinzip ist einfach ... die Haut von Vögeln und Säugern, insbesondere die Schleimhaut, wird durch die Nadeln durchpiekst und die Oxalsäure wird direkt in die Blutbahn gespritzt ... funktioniert wunderbar, solange die Haut nicht zu derb und nicht zu dick ist.

Insekten haben ihren gesamten Körper eingepackt in ein Chitingebilde, selbst der Verdauungstrakt ist zu großen Teilen mit Chitin ausgelegt. Chitin ist ein sehr robuster Verbundstoff - hart, aber noch so elastisch, daß er nicht spröde ist.
Raphidien brechen einfach ab, wenn da so ne Heuschrecke mit ihren Chitinumantelten Kauwerkzeugen sie zermalmt ... Oxalsäure kann also bei Insekten gar nicht in die Blutbahn gelangen und böse Dinge anstellen.

Schnecken wiederum sind daran angepaßt, gepiekt zu werden ... sie pieken sich ja auch gegenseitig und nennen das dann wunderschönen Sex! Hier ist es das nicht vollständige Blutkreislaufsystem verbunden mit einem ausgeklügelten Kalktransportsystem, was sie (meist) direkt vor der Oxalsäure schützt. Das wirklich gefährliche für sie ist einzig, die Oxalsäure löst ihre kalkhaltigen Bestandteile einfach auf, bei Weinbergschnecken beispielsweise die Gehäuse. Können die Schnecken genügend Kalk futtern, ist aber auch das kein Problem ... die Oxalsäure wird somit durch die kalkhaltigen Strukturen und den transportieren Kalk im Körper der Schnecke neutralisiert und als unlösliches Salz einfach ausgeschieden.

Viele Reptilien haben auch im Mundraum eine sehr derbe, dicke Haut bzw hautähnliche Strukturen. Kauplatten und ähnliches sind für sie normal. Da bleibt eigentlich nur noch die Zunge, die tatsächlich gefährdet ist - Gaumendach, Lippen und Unterkieferinnenseite sind zu gut geschützt, die zermalmen einfach die Oxalatraphidien und machen es so unmöglich, daß Oxalsäure in die Blutbahn gelangen kann ...

Einige Vögel, welche Pflanzen mit diesen Raphidien futtern, benutzen ihre unempfindlichen Schnäbel zum Zermalmen dieser Oxalatraphidien, auch ihnen kann deshalb nix passieren, die Oxalsäure kann auch hier nicht in die Blutbahn gelangen, sondern wird einfach hinten wieder ausgeschieden, da die Raphidien selbst schon im Schnabel zerbrochen werden und deshalb erst gar nicht in den Schlund, Kropf oder Magen gelangen können.

Für Säuger sieht das dann schon übler aus, sie haben weder verhornte Kauplatten, noch haben sie Schnäbel oder viel Kalk im Körper oder nen Chitinpanzer im Mundraum. Die meisten Säuger besitzen an den Lippen und in Teilen des Mundraumes eine sehr empfindliche Schleimhaut ... und die kann sehr leicht durch diese Raphidien durchbohrt werden und damit die Oxalsäure direkt in die Blutbahn appliziert werden.
Die Folge sind bösartige Schwellungen im Mundraum und je nachdem, wieviel von der Pflanze aufgenommen wurde, bevor der Irrtum entdeckt wurde, auch Schwellungen in den neben dem Schlund liegenden Atemwegen oder sogar Organschäden, wenn die Menge des applizierten Giftes zu hoch war - das kann dann im Worst Case tödlich ausgehen.

Efeutute hat sehr derbe Blätter mit einer recht ordentlichen Wachsschicht drauf ... das ist etwas, was derartig anders wie Gras ist, daß die ausgesprochenen Grasfresser, wie es beispielsweise Meerschweinchen sind, normalerweise erst gar nicht auf die Idee kommen läßt, daß das Freßbar sein könnte. Sie sind also schon deshalb nicht von der Efeutute selbst gefährdet, weil sie diese Pflanze erst gar nicht als Futter ansehen.
Ähnlich auch mit Katz, Hund und Frettchen ... das sind Beutegreifer und im Falle vom Hund Abfallverwerter und Aasfresser. Auch sie erkennen nicht, daß das eine freßbare Pflanze sein könnte und sind alleine schon deshalb davor geschützt.
Bleiben die ausgesprochenen Blatt- und Kräuterfresser und blöde Nacktaffen über ...

Schauen wir uns die Efeutute in ihren Inhaltsstoffen genauer an, so ist auffällig, daß sie einen deutlich geringeren Gehalt an freier Oxalsäure aufweist, wie viele andere Aronstabgewächse ... es gelangt also auch deutlich weniger der Oxalsäure bei Verletzung in die Blutbahn. Die Efeutute schützt sich vielmehr durch weitere Substanzen, darunter einigen Stoffen, welche das Immunsystem extrem reizen. Ich hab bisher noch nix über die Stoffklassen speziell der Efeutute gefunden, welche für die Giftwirkung verantwortlich ist ... scheint noch nicht erforscht zu sein oder ich habs einfach noch nicht gefunden.
Diese hochgradig allergenen Stoffe werden mit der Oxalsäure in die Blutbahn appliziert, wodurch in der verletzten Haut allergische Reaktionen ablaufen. Beim Menschen führt das dann zu Bläschenbildung, Hautrötung, Brennen und in seltenen Fällen zum Allergieschock ... übrigens wiederum ein Zeichen, wie wenig Intelligent die Spezies Mensch tatsächlich ist, denn beim ersten Berühren passiert noch nix, außer, daß das Immunsystem initialisiert wird, erst bei wiederholten Beschneiden, Zerstückeln, Zusammenbinden und ähnlich rabiaten Hantieren bricht die Allergie aus - es wäre also genügend Zeit, diese Pflanzen zu meiden, trotzdem sieht man immer wieder Menschen, welche trotz immer heftiger werdender Reaktionen Efeututen malträtieren! Solche selten dämlichen Menschen werden dann Gärtner genannt ...
Für Kaninchen hat diese Konstellation den Vorteil, daß sie eigentlich nur einmal probieren müssen, um ihre Warnung über die Oxalsäure im Blut zu erhalten, daß diese Pflanze selbst für sie ungenießbar ist, ohne daß die Oxalsäure schon schadet - Kaninchen sind definitiv intelligenter wie der Mensch, sie meiden fortan, sich diese Pflanze einzuverleiben.

Ein Kuriosum ist der Degu ... es gibt Halterberichte, wonach Degus sowohl Philodendron, als auch Monstera und Epipremnum gefressen haben, ohne daß sie röchelnd mit zugeschwollenem Maul und Nierenschäden in der Ecke lagen ... offenbar haben sie extrem gut funktionierende Schutzmechanismen entwickelt, um einer versehentlichen Applizierung des Giftcoctails eine schnelle Entgiftung entgegenzusetzen ... selbst Kaninchen sind da weitaus weniger gut dran, man kann nach Futtern von Efeutute bei Kaninchen durchaus leichte Schwellungen und Rötungen an den Schleimhäuten feststellen - ein zweites Mal gehen Kaninchen tatsächlich nicht an Efeutute ... die wissen, warum! Degus dagegen scheinen es lustig zu finden, diese eigentlich hochgefährlichen Pflanzen weiterhin als Snack zu betrachten ... Schwellungen sind bei ihnen jedoch auch gar nicht feststellbar.

Gefährdet sind nach wie vor alle Säuger und Vögel, die nicht artgerecht gefüttert werden oder aber sogar ausgehungert sind, weil sie das Falsche oder zu wenig zu futtern bekommen. Heukaninchen, welche vor lauter Hunger an Efeutute gehen, sehen übel aus (überleben es aber auch ganz gut ... also speziell Efeutute ist giftig und führt nur in absoluten Ausnahmefällen zum Tode, vermutlich nur bei Allergieschock)
Efeutute gehört also mit Sicherheit zu den harmloseren Arten der Aronstabgewächse ...



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Ziesel » Di 13. Apr 2010, 11:37

Danke Murx...
Unsere Säuger wie Ziesel kommen nicht an Efeu (Auslauf ist pflanzenfrei), Katzen interessieren sich nicht dafür (befördern höchstens mal´n Topf zu Boden), Flattertiere haben wir nicht und für´s Restgetier ist es nicht gefährlich....
na dann geh ich mal gießen & sprühen...



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von schweinsnase77 » Di 13. Apr 2010, 12:02

Also meine vier meeries haben letztes jahr trotz ausreichendem Frischfutter im Gehege sich während meiner Abwesenheit außerhalb des Geheges an :

2 Alpenveilchen,
1 Efeutute
1 Zimmerefeu
und 1 Ficus Benjamini gütlich getan :autsch: :sauer:

passiert ist Ihnen nichts :hm:


Mit freundlichen Grunzern

Annette

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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 13. Apr 2010, 13:36

:lol:

Haben deine Meeris, nachdem sie meine wundervolle Argumentationskette, von wegen, Meeris fressen keine Efeututen, zunichte gemacht haben, den Efeututenversuch wiederholt? :arg:

Ansonsten bin ich gerne bereit, sie zu den Degus zu stellen ... :P



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von schweinsnase77 » Di 13. Apr 2010, 15:58

Nein haben sie nicht. Konnten sie auch nicht. Ich hab nämlich keine mehr :lol:


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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Miss Marple » Mo 26. Sep 2011, 21:50

Ich packe die Erfahrung mal hier rein. Rationiert ernährten Tieren wurde Efeutute verfüttert. Wurde gefressen und vertragen: https://forum.meerschweinforum.de/showthread.php?t=271655" onclick="window.open(this.href);return false;


"Der Clown ist die wichtigste Mahlzeit des Tages."

geklaut


"Ich schimpfe nie über Regen. Ich mochte ihn ja auch, als er noch das Meer war."

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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Curly » Di 27. Sep 2011, 09:01

Wie ist es denn, wenn nun Futtertiere, die vorher Efeutute gefressen haben,
verfüttert werden? Besteht da Gefahr für die Reptilien usw.?



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Ziesel » Di 27. Sep 2011, 12:05

Nein, zumindest wäre mir kein solcher Fall bekannt und ich bin nicht die Einzige wo Efeu in Terrrien rumtutet.
Wenn du den Ausgangsbeitrag liest, wird klar, dass ich nicht nur die Schreckis Efeu futtern lies sondern die auch Schrecken auch gefuttert wurden (dazu hab ich die ja)



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Curly » Di 27. Sep 2011, 12:08

Mir war schon klar, dass du die Schreckis auch verfütterst,
die Efeutute gefressen haben.

Dennoch hat mich interessiert, obs was im Körper des Fressers bewirkt.
Muss ja auch nicht immer sofort sichtbar sein sowas.
Potenzsteigerung, Energieschub oder das Gegenteil... Apathie z.B. :hot:



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Ziesel » Di 27. Sep 2011, 12:22

ausser das die Fresser satt sind, ist mir nix aufgefallen



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Re: Efeutute giftig ?

Beitrag von Ziesel » Sa 16. Mär 2013, 23:32

Ich dachte ja die angefutterten Efeututen wären ausschlieslich vom Hüpfkrabbelkriech angenascht worden, habe aber inzwischen gesehen, dass zB Leonie auch schon mal was weghappst hat. Da sie sich danach total normal benahm (also alles wie sonst auch) geh ich mal davon aus, dass so´n Happs Efeutute nicht gefährlich für´s Chamäleon ist



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