übertriebener Artenschutz ?

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übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Ziesel » Di 3. Aug 2010, 10:50

Aktuell ist in den Nachrichten, was in der Gegend hier schon länger thematisiert wird. Nämlich das sechs Kilometer lange Teilstück der Autobahn A 44, welches die Orte Helsa und Hessisch Lichtenau miteinander verbinden soll.
Vorgesehen waren 2 kurze Tunnel aber da man nun eine Molchkolonie mit ca 5000 Tieren fand wirds nicht nur die beiden Tunnel geben sondern diese sollen zu einem langen Tunnel verbunden werden. Das Ganze wird laut Medien 50 Millionen Euro kosten.

Bei 5000 Molchen weiss ich nicht, ob die Maßnahme zum Schutz einer Art in der Kostenhöhe wirklich gerechtfertigt ist, zumal das nicht das Einzige hessische molchig bewohnte Biotop ist.
Rechnet man das jetzt mal hoch, werden quasi für jeden dort lebenden Molch 10.000,-€ ausgegeben...

Haltet ihr das für sinnvoll ??



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Doro » Di 3. Aug 2010, 11:07

Ich habs gestern abend in den Nachrichten gesehen und ich muss sagen ich hab herzhaft gelacht :lol:

Soweit ich das noch richtig zusammen bekomme handelt es sich hierbei wohl um eine Kolonie Kammmolche. Diese Molche stehen wohl in Spanien unter Naturschutz, bei uns in Deutschland aber noch nicht. Sie sollten, so wie ich das mitbekommen habe, lediglich umgesiedelt werden. Die Bauarbeiten werden außerdem wohl noch durch ein seltenes Vogelpärchen und eine seltene Schmetterlingsart verzögert.

Tja, wie ich das finden soll kann ich dir nicht sagen, auf der einen Art werden weltweit Tiere ausgerottet, auf der anderen Seite Tiere die nicht bedroht sind und nur umgesiedelt werden sollte geschützt :pfeif:



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Ziesel » Di 3. Aug 2010, 11:28

genau, die Kammolche..kommen im nordwestl. Frankreich ebenso vor wie in Großbritannien, Dänemark, in Teilen skand. Länder bis Westsibirien und auch vom schwarzen Meer über Rumänien bis Österreich (nördl. der Donau), in Süddeutschland und im Norden der Schweiz..also nicht so selten.
Hessen liegt damit so ziemlich mittig im Molchverbreitungsgebiet und hier gibts kleinere Populationen in mehreren Landkreisen wie Schwalm-Eder, Gießen, Lahn-Dill, Wetterau und auch im Stadtgebiet von Wiesbaden und Frankfurt gibts die Molche (Höhenlagen bewohnen die nicht).

Ist es also wirklich nötig 50 Mille für´n Tunnel auszugeben? Meiner Meinung nach gibts Projekte wo das Geld wesentlich nötiger gebraucht würde



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Doro » Di 3. Aug 2010, 11:43

Ich sehe es sehr zwiespältig. Auf der einen Seite ist Artenschutz und auch Tierschutz wichtig, auf der anderen Seite finde ich es spielen sich mal wieder ein paar Leute auf die weitaus besseres in Punkto Arten-und Tierschutz tun könnten. Die, die jetzt alles boykottieren sind die die als erstes über die neue Autobahn brettern. Da werden die Kammmolche geschützt, auf der anderen Seite regt man sich aber auf dass Legebatterien verboten werden. Da tun den Leuten die Schmetterlinge leid, dort wird aber möglichst billig Fleisch verlangt, egal wie die Tiere gehalten werden. Alles nur von einer oder drei Tierarten abhänging zu machen finde ich persönlich lächerlich.



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Ziesel » Di 3. Aug 2010, 11:50

mmh..ich sehe hier keinen Artenschutz in dem Sinn weils sich nicht um eine bedrohte oder geschützte Art handelt.
verwendet man einen Teil des Geldes für Umsiedlung oÄ könnte man noch vielen anderen Tieren mit dem Rest des Geldes helfen



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von halloich » Di 3. Aug 2010, 11:55

Wenn man die Tiere retten möchte denke ich auch wäre ein Umsiedeln genug.
Wenn man die Tiere nicht umsiedeln möchte sollte man auch die Autobahn gar nicht bauen.
Ich finde die 50 Mille auch arg übertrieben um Tiere zu schützen die man umsiedeln könnte.

Es gab ja schon immer Bauprojekte die wegen Tieren nicht oder nur sehr teuer realisiert wurden.

Auf der einen Seite ist der Mensch der immer mobiler und bequemer werden will, auf der anderen Seite die Tiere.
Meiner Meinung nach sollten hier irgendwie Kompromisse geschlossen werden. Ich kann schließlich nicht alle Tiere umsiedeln, das würde irgendwann die Auffanggebiete sprengen, alle Tiere vertreiben/ausroten/gefährden wäre auch nicht gut.
Hier sollte man sich in der Planungsphase von vornerein Gedanken machen ob das zu planende Projekt wirklich sinnvoll ist und einen Nutzen hat.

Irgendwie ein wenig Zwiespältig.
Auf der einen Seite kann man nicht alles schützen, auf der anderen Seite muß ich aber auch nicht alles bauen :hm:


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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 3. Aug 2010, 13:25

Es geht hier nicht um ein paar Kammolche, das ist nur der Aufhänger, es geht hier vielmehr um ein ganzes Biotop, welches durch den Autobahnbau gefährdet ist - und mal ganz ehrlich, ich selbst bin froh um jedes auch nur halbwegs gesunde Biotop, was nicht zerstört wird, gerade wo ich hier nur ein paar Schritte machen brauch und dann mitten in Monokulturen mit im Sommer wegfliegendem Mutterboden stehe!
Ich sehe es sehr zwiespältig. Auf der einen Seite ist Artenschutz und auch Tierschutz wichtig, auf der anderen Seite finde ich es spielen sich mal wieder ein paar Leute auf die weitaus besseres in Punkto Arten-und Tierschutz tun könnten. Die, die jetzt alles boykottieren sind die die als erstes über die neue Autobahn brettern. Da werden die Kammmolche geschützt, auf der anderen Seite regt man sich aber auf dass Legebatterien verboten werden. Da tun den Leuten die Schmetterlinge leid, dort wird aber möglichst billig Fleisch verlangt, egal wie die Tiere gehalten werden. Alles nur von einer oder drei Tierarten abhänging zu machen finde ich persönlich lächerlich.
Schmeißt du da nicht n bischen viel unterschiedliches Mensch in eine Kiste, wo sie nicht reingehören?
Ich spiele mich auf in dieser Geschichte und boykottiere die Autobahn, ja!
Aber ich werde garantiert nicht als erstes über diese Autobahn brettern!
Und ich bin auch garantiert nicht gegen das Verbot der Legebatterien, im Gegenteil, ich versuche durch mein Kaufverhalten Legebatterien, Volierenhaltung, Bodenhaltung und Freilandhaltung zu boykottieren!
Daß ich für Fleisch nicht mehr viel Geld ausgebe, liegt auch eher daran, daß ich meine Kaninchen esse und bei gekauftem Fleisch auf Innereien ausweiche, die sonst in der Abdeckerei landen ... die Innereien stammen dabei von garantiert auf der Weide rumgelaufenen Tieren - die meisten dieser Tiere kannte ich persönlich!
Also wirklich so lächerlich?
Oder einfach nur die hessische Allgemeinheit mit all ihren Facetten unerlaubt in einen Topf geschmissen und gut durchgerührt? ;)

Ein Umsiedeln übrigens bringt gar nix ... das würde zwar die Molche kurzfristig retten, jedoch nicht das Biotop, das wär weg - außerdem würde eine Umsiedlung zwangsweise dazu führen, daß die Molche entweder in ein Refugium kommen, an daß sie nicht angepaßt sind und wo sie dann langsam und sicher wieder aussterben werden, oder aber sie werden in ein schon besetztes Refugium verbracht, wo sie andere Molche verdrängen ... also nicht sehr sinnvoll!
Wenn man die Tiere nicht umsiedeln möchte sollte man auch die Autobahn gar nicht bauen.
Bin dafür!
Selbst der Tunnelbau würde derartig viel Störungen im Biotop verursachen, daß es nachhaltig gestört wird und dann nicht mehr uneingeschränkt wie jetzt als Korridor zwischen Monokulturen und Versiegelung des Bodens fungieren könnte ... wenn jedoch unbedingt diese $&/§%§-Autobahn gebaut werden soll, dann soll auch kräftig dafür gezahlt werden! Am besten nicht aus dem berühmten Staatssäckel, sondern vielmehr aus der Tasche der Befürworter dieser Autobahn ... läßt sich nur leider mal wieder nicht durchsetzen ... *seufz*
Hier sollte man sich in der Planungsphase von vornerein Gedanken machen ob das zu planende Projekt wirklich sinnvoll ist und einen Nutzen hat.
Wird ja gemacht, wenn auch auf eine sehr obskure und industriefreundliche Art und Weise ...



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Ziesel » Di 3. Aug 2010, 15:32

naja was da so kreucht und fleucht hätte man auch erkunden können ehe man anfängt zu bauen



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 3. Aug 2010, 16:01

Dazu müßten dann allerdings solche Leute wie ich, welche es interessiert, was da kreucht und fleucht, schon in die Planungsphase der Autobahn mit einbezogen werden - noch bevor das erste Geld ausgegeben wird!
Und genau das wird nicht gemacht ... ist ja schließlich auch so unwichtig, ob noch mehr Wiesen, Tümpel oder Wäldchen umgenietet werden, ham wa ja noch mehr wie genug ...
Für diejenigen, welche Autobahnen planen, sieht nen Golfrasen genauso aus wie ne artenreiche Magerwiese und für sie sieht so ne ölverschmierte Lorke auf Industriegelände genauso aus wie ein klarer Tümpel mit Molchen drin ... die sehen einfach den Unterschied nicht! Für die hat Artenvielfalt auch keinen Wert ... ne Autobahn dagegen, die hat nen Wert, den kann man sogar beziffern in Arbeitsplätze, Firmenaufträgen usw usf ...



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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von halloich » Di 3. Aug 2010, 16:24

Ziesel hat geschrieben:naja was da so kreucht und fleucht hätte man auch erkunden können ehe man anfängt zu bauen
Genau darauf wollte ich hinaus.
Das man erst denkt und plant und dann erst anfängt Geld auszugeben.


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Re: übertriebener Artenschutz ?

Beitrag von RuJo » Mi 4. Aug 2010, 17:01

Im übrigen steht der Kammmolch durchaus in Deutschland unter Naturschutz und ist eine Rote Liste Art hierzulande

https://www.naturschutz-praxis.de/merkbl/25t.htm" onclick="window.open(this.href);return false;

Ansonsten kann ich Murx nur beipflichten. Diesmal sind es "nur" ein paar Molche, das nächste mal sind "nur" die ollen Fledermäuse in Dresden, die für ne Brücke weichen sollen und beim übernächstenmal ist es nur ne olle Wildkatze... wir haben doch genug Hauskatzen, wofür brauchen wir ne Wildkatze, die eh fast genauso aussieht? ;-)

(ja, das war überspitzt)

Gott sei Dank gibt es den Gedanken der "Ausgleichshandlungen" mittlerweile. Wenn an einer Stelle in die Natur eingegriffen wird, wird an anderer Stelle investiert. Viele Großprojekte müssen sogar Ausgleichszahlungen leisten, wenn sie Naturraum beeinflussen, Ersatzpflanzungen müssen gemacht werden usw.
Hinzu kommt, dass 50Mio zwar für uns Otto-Normalverbraucher unglaublich viel klingt... aber in den Dimensionen die da gerechnet werden sind das Peanuts... und die würde man nicht zahlen, wenn die so schwerwiegend wären, wie sie für uns klingen.. Was da in der Wirtschaft und der Bauindustrie und dem Staat für Zahlen im Spiel sind, da würden uns die Ohren schlackern.
So ein Autobahnbau (selbst von nur Teilstücken) geht zum Teil in die Milliarden (je nachdem wie gut da geplant wurde, hab gard sowas im Kopf, wo für 1,5Mrd ein relativ kurzes Umgehungsstück irgendwo gebaut werden sollte)... was sind da schon 40Mio mehr im Prinzip. Wenn man die unbedingt da hin pflanzen will, sollte man diese vergleichsweise geringen Mehrkosten auch investieren... (hab grad mal gegoogelt: https://de.wikipedia.org/wiki/Autobahn#Baukosten" onclick="window.open(this.href);return false;) ... ich finde da relativieren sich die 40mio ganz schnell wieder...

Fakt ist, dass Deutschland eins der ausgefeiltestens Autobahnnetze der Welt hat, Fakt ist, das Autobahnen zur extremen Verinselung von Lebensräumen führen, Fakt ist, dass es sinnvoll ist, wenigstens bei den Neuplanungen da Gegenmaßnahmen zu ergreifen. ... und ein schönes Zeichen im Jahr der Artenvielfalt...

Mich würde nur interessieren, was da jetzt kongret für ein tunnel geplant ist... sinnvoll wäre ja, wenn da nicht nur die Molche von provitieren würden...


"Ein gutes Buch, das von majestätischer Unerschlossenheit an seiner Stelle im Regal steht, stellt die aufmunternste Form intellektueller Wandverkleidung dar!" (David Quammen "Die Hörner des Rhinozeros")

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