Was und wie viel Futter am Tag?

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Giftige Pflanzen die hier aufgeführt oder vorgestellt werden, stellen für Tiere die Ad Libitum ernährt werden selten eine Gefahr dar, da sie in der Lage sind zu selektieren und daher immer wissen, was fressbar und genießbar ist und was nicht.

Wie in allen Fällen auch, ist jedes Tier individuell zu betrachten und man sollte neue Pflanzen IMMER langsam anfüttern.
Jedes Tier kann unterschiedliche Dinge auch unterschiedlich vertragen.

Die User sprechen von eigenen Erfahrungen, es liegt an Euch, Eure zu sammeln.
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Kisi75
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Was und wie viel Futter am Tag?

Beitrag von Kisi75 » Sa 1. Aug 2020, 08:44

Guten Morgen,

wir haben seit gestern 2 Meerschweinchen, knapp 6 Wochen und 10 Monate alt. Bei der Züchterin gab's 2x am Tag eine Schüssel frisches Gemüse ( Paprika, Gurke, Karotte, Salat) und Pellets.
Eigentlich wollte ich keine Pellets füttern... kann ich diese einfach weglassen?
Was kann ich ihnen täglich anbieten, außer dem o. g. Gemüse und in welcher Menge?
Sollten es nur 2 Mahlzeiten sein oder mehrere über den Tag verteilt? Dort gehen die Meinungen auch auseinander...

Vielen Dank schonmal für eure Erfahrungen und Tipps :)



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Murx Pickwick
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Re: Was und wie viel Futter am Tag?

Beitrag von Murx Pickwick » Sa 1. Aug 2020, 14:25

Das Gesündeste, was du deinen Meerschweinchen anbieten kannst, ist Wiese, Wegrand und Gehölz und das soviel, wie deine Meerschweinchen haben wollen.
Bei der Wiese solltest du darauf achten, daß du nicht ein paar einzelne Pflänzchen, die du kennst, raussortierst, und nur die fütterst, sondern die ganze Wiese - mit allen Pflanzen, die auf einer solchen Wiese wachsen. Die Meerschweinchen wissen schon, welche Gräser und Kräuter für sie bekömmlich sind, und welche sie lieber liegenlassen. Sie haben ein sehr ausgeklügeltes, angeborenes System, zu lernen, welche Pflanzen sie unbedingt viel brauchen und welche Pflanzen sie lieber nur probieren und dann immer liegenlassen.
Je artenreicher eine Wiese ist, desto wertvoller ist sie für die Meerschweinchen - eine Turbowiese, die zu 80% aus Weidelgras und weißem Klee oder viel Hahnenfuß besteht, ist für Meerschweinchen wertlos und sogar krankmachend.
Du suchst also momentan nach Wiesen mit violetten Flockenblumen und Witwenblumen, gelben Pippau-Blüten, weißen Margeriten und braunen Wiesenknopfblüten. Die Gräser sollten sich voneinander unterscheiden und nicht alle gleich aussehen.
Selbst, wenn eine artenreiche Wiese gemäht wurde, lassen sich viele sehr unterschiedliche Blätter voneinander unterscheiden.
[url=https://www.lfl.bayern.de/iab/kulturlandschaft/025011/index.php]Hier[/url] findest du Bilder von artenreichen Wiesen und ein paar wichtige Kennarten, an denen man artenreiche Wiesen erkennt.
Ist die Wiese hochgewachsen, bitte nicht in die Wiese zum Pflücken gehen, sondern vom Weg aus pflücken - werden die Pflanzen auf einer Wiese plattgetrampelt, kann der Landwirt seine Wiese nicht mehr richtig mähen, weil die Schneidblätter seiner Mähmaschinen die plattgetrampelten Pflanzen nicht mehr erfassen können. So bekommt er zuwenig Heu für den Winter und er muß zukaufen. Unsere Landwirte jedoch stehen eh sehr stark unter Druck und müssen oft genug ihre Ware unter Preis verkaufen, da ist jedes bischen Heu, was sie nicht verkaufen können bzw nicht im Winter für ihr Vieh haben, ein extrem hoher Verlust, der sie in die Arbeitslosigkeit treiben kann.

Als Wiesenersatz kann sehr gut auch Bambus verfüttert werden. Im Winter ist frischer Bambus die gesündeste Pflanze für deine Meerschweinchen und beugt vielen Erkrankungen vor, die durch Gemüse- oder Pelletfütterung entstehen können.

Beim Wegrand und auf verlassenen Grundstücken sieht das ein wenig anders aus, hier solltest du schon ein wenig schauen, daß du schmackhafte und gesunde Pflanzen pflückst. Wegrand hat eine für Meerschweinchen nicht ideale Zusammensetzung, die wirkstoffreichen Kräuter sind zuviel vertreten, gesunde, nahrhafte Gräser und Kräuter dagegen eher zuwenig. Dabei bietet der Wegrand allerdings auch so gesunde Pflanzen für Meerschweinchen wie Wegwarte, Schachtelhalm, Zaunwinde, Stachellattich und Giftlattich, Gänsedisteln, diverse Kleearten, Löwenzahn, Ferkelkraut, Vogelknöterich und Knöteriche, Giersch etc. Auch in Parks finden sich oft zwischen den Büschen und rund um die Parkrasen Wegrandpflanzen, die du sammeln kannst.
Falls du eine Sammelstelle mit Topinambur oder Sonnenblumen findest (also kein Feld, die Landwirte wollen gern selbst ihr sauer Angebautes ernten dürfen), dann hast du mit den Blättern ein besonders gutes Futter für deine Meerschweinchen.
Solche Pflanzen, wie schwarzer und roter Nachtschatten (vor allem in Städten), gefleckter Schierling, Zaunrübe etc läßt du stehen. Die sind im Wegrand und auf brachliegenden Flächen viel zuviel vertreten und können in der Menge krankmachend für die Meerschweinchen werden.

An Gehölzen werden im Sommer vor allem Haselnuß, Weißdorn, Esche, Erle, Pappel, Ulme, Weide und Obstgehölze gefressen. Im Winter kannst du es mit Kiefer, Fichte und Tanne probieren. Die Blätter der Büsche und Bäume sind dabei nahrhaft und können einen Teil des Nährstoffbedarfs decken, die Rinde dagegen ist für die Gesunderhaltung vonnöten und wird dementsprechend nur sehr wenig gefuttert. Nadelgehölz im Winter bietet zudem ätherische Öle, welche Erkältungskrankheiten und Atemwegsinfekten vorbeugen.

Gerade im Winter wirst du ohne Heu und Gemüse nicht auskommen. Dabei sind Fruchtgemüse, wie Paprika und Gurke und Wurzelgemüse, wie Karotten und Pastinaken eher als Ergänzung zu sehen. Meerschweinchen brauchen blättriges Gemüse als Wiesenersatz: Kohl, Möhrengrün, Pastinakengrün, rote Beete Blätter, Lauch, Mangold, Spinat, Rübenblätter, Sellerieblätter usw. Das kannst du dann ergänzen mit Küchenkräutern und ein wenig Frucht- und Wurzelgemüse.

Bei einer solchen Ernährung brauchst du keine Pellets. Pellets sind für Meerschweinchen genauso ungesund wie für uns Tiefkühlpizza und Pommes.

Nach deiner Beschreibung haben die Meerschweinchen bislang zuwenig oder keine Wiese bekommen, dafür aber zuviel Pellets, Fruchtgemüse und Wurzelgemüse ... das heißt, daß der Verdauungstrakt eventuell sehr empfindlich geworden ist und sich erst langsam wieder an eine artgerechte Kost gewöhnen muß. Da empfiehlt es sich, kleereiche Wiese mit Heu zu mischen, so daß die Meerschweinchen sich das schmackhafte Klee zwischen den Heuhalmen rauspopeln müssen. Das verhindert Schlingen und es verhindert, daß zuviel Klee aufeinmal gefuttert wird. So bekommen die Meerschweinchen vom Klee keine Blähungen. Kleearme Wiesen dagegen sind zur jetzigen Jahreszeit kein Problem.
Auch Kohl sollte sorgsam angefüttert werden - also erstmal ein Blatt ausprobieren, wenn dies problemlos vertragen wird, kann es die doppelte Menge werden und nach spätestens einer Woche sollten die Meerschweinchen keine Probleme mehr mit Kohl haben. Dabei sind Kohlrabiblätter und Chinakohl besonders verträgliche Kohlsorten, auch mit Grünkohl wurde von vielen Meerschweinchenhaltern sehr gute Erfahrungen gemacht. Du könntest allerdings auch erstmal weniger problematische Kost verfüttern, wie Wiese, und wenn sie sich an der Wiese sattgefuttert haben, gibst du den Kohl - die Meerschweinchen werden dann zwar ein wenig von Naschen, sind aber zu satt, sich am Kohl zu überfressen - auch so kann Blähungen vorgebeugt werden. Sobald die Meerschweinchen den Kohl kennen und regelmäßig bekommen, ist Kohl kein Problem mehr, sondern ein wertvolles, schmackhaftes und sehr nährstoffreiches Futter.
Wenn du Bambus herbekommst - davon kann man Meerschweinchen nicht genug geben ... neben Wiese ist Bambus das gesündeste Meerschweinchenfutter, was es gibt. Auch Maisblätter sind sehr gesund für Meerschweinchen. Wenn du Maisblätter vom Feld holen willst, solltest du den Landwirt, dem das Feld gehört, fragen, ob du darfst, denn Maisblätter sind auch sehr gutes Viehfutter.

Meerschweinchen sind sog. Dauerfresser, für sie ist es am Gesündesten, wenn sie fressen können, wann sie wollen. Dementsprechend sollte Wiese, Wegrand, Gehölz und blättriges Gemüse nie ausgehen. Wiesenheu und Laubheu zusätzlich haben sich als Raufutter sehr gut bewährt, eignen sich jedoch nicht als alleinige Kost.
Wird nur Wiesenheu und Laubheu gefüttert, fangen die Meerschweinchen an zu schlingen, sobald sie Grünzeug bekommen - und das führt zu schlimmen Blähungen.

Das Futter muß nicht täglich ausgewechselt werden - aber es sollte täglich verdorbenes Futter entfernt werden. Wiese und Wegrand sollten möglichst so angeboten werden, daß es nicht gärt - also bei Bedarf zweimal täglich wenden. Getrocknet ist Wiese und Wegrand gesund, wenn es anfängt zu gären, wird es krankmachend und wird deshalb von den Meerschweinchen nicht mehr gefressen.
Ebenso muß das Trinkwasser täglich überprüft werden - schwimmen Köttel drin rum, muß das Trinkgefäß gründlich gereinigt werden und das Wasser gewechselt werden. Die meisten Infektionskrankheiten der Meerschweinchen werden über Köttel übertragen.

Ganz wichtig ist die Hausapotheke für Meerschweinchen:
Biete den Meerschweinchen einen Napf mit Kümmelsamen, Fenchelsamen, Anissamen, Schwarzkümmel, getrockneten Blaubeeren, Wacholderbeeren etc an (es muß nicht alles davon drin sein, daß was du im Gewürzschrank hast oder wo du leicht rankommst, reicht in aller Regel) - wenn sie etwas von diesen Medikamenten brauchen, fressen sie es, noch bevor du merkst, daß sie krank werden. So mußt du viel seltener zum TA, da die Meerschweinchen sich bei kleineren Wehwehchen selbst heilen können.
Bei wirklich ernsten Erkrankungen reicht die Hausapotheke natürlich nicht mehr - ist genau wie bei uns Menschen ja auch, ne Erkältung können wir mit Ingwertee und Bettruhe recht schnell wegbekommen, aber wenn wir ne Schilddrüsenerkrankung oder Schlimmeres bekommen, müssen wir natürlich zum Arzt.



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